Campus Garching:Labor für die Welt von morgen

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Auf dem Garchinger Campus entsteht das Zentrum für Digitalisierung Bayern. Der Freistaat stellt 116 Millionen Euro zur Verfügung, um Forschung und Wirtschaft auf dem Weg in das Informationszeitalter für fördern

Von Gudrun Passarge, München/Garching

James ist ein höflicher Roboter. Mit einem galanten "Bitteschön" überreicht die Maschine, die darauf programmiert ist, als Barkeeper zu arbeiten, eine rote Rose. Adressatin ist Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, die den Roboter als Symbol für die digitale Zukunft sieht, die in vielen Bereichen Einzug gehalten hat. Passend für einen Termin, bei dem es darum geht, das neue Zentrum für Digitalisierung Bayern (ZD.B) vorzustellen, das seinen Sitz auf dem Campus in Garching haben wird. Ein Zentrum, das die Ministerin für einzigartig in Deutschland hält und dessen Gründungspräsident Manfred Broy ist, der in Garching am Institut für Informatik lehrt und schon seit Jahren am Thema forscht. Einem Thema, bei dem sich alle einig waren: "Der Rohstoff des 21. Jahrhunderts sind Daten, Daten, Daten."

Aigner gab zusammen mit Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle am Dienstagnachmittag den Startschuss für das neue Zentrum, das mit 116 Millionen plus Projektgeldern ausgestattet werden soll. Die Wirtschaftsministerin betonte, wie weit die Digitalisierung bereits in alle Lebensbereiche hineinspielt, Autos, die selbst fahren können, die Zeitung auf dem Tablet, bestellen im Internet. Digitalisierung verändere die Gesellschaft und die Wirtschaft. Und das in enormem Tempo. So habe bis zum Jahr 2000 die Welt insgesamt rund zwei Exabyte neue Informationen angesammelt, das bedeutet ausgeschrieben eine zwei mit 18 Nullen. "Heute werden so viele Daten an einem einzigen Tag generiert." Sie sehe Digitalisierung als Herausforderung, vor allem aber als großartige Chance, die es zu nutzen gelte.

Genau da kommt das Zentrum für Digitalisierung ins Spiel. Es soll Forschung intensivieren und bündeln, wie Spaenle sagte, und Forschung und Wirtschaft miteinander vernetzen. Unter anderem sollen 20 neue Professorenstellen in ganz Bayern geschaffen werden, die sich mit einzelnen Facetten des Themas auseinandersetzen sollen. Informatik-Professor Broy erhofft sich, so sehr schnell auf unterschiedliche Themen reagieren zu können und Akzente setzen zu können. Das neue Zentrum habe verschiedene Schwerpunktthemen. Einmal gehe es um die Vernetzung der unterschiedlichen eingebetteten Systeme im Internetbereich. Eines der ersten Projekte des Zentrums, das es in Zusammenarbeit mit Siemens, BMW und anderen betreiben wird, ist etwa die Vernetzung freier Parkplätze. So könnte jeder Autofahrer leicht erfragen, wo er seinen Pkw abstellen kann und sich gleich vom Smartphone an den richtigen Platz lenken lassen. Andere Projekte, etwa eines Fraunhofer Instituts, beschäftigen sich mit der Vernetzung von Fahrzeugen. So könnte nach einem Unfall schnell die Information im Rettungsfahrzeug eingehen, wie viele Personen im Unfallauto wo sitzen, ob der Airbag aufgegangen ist, welche Funktionen des Wagens beschädigt sind, und vieles mehr. Allerdings ist es eher das Ziel, durch die Vernetzung der Fahrzeuge Unfälle zu vermeiden.

Daten, die in immer größerem Umfang vorhanden sind, gilt es systematisch auszuwerten und auch der Industrie zur Verfügung zu stellen. Dass sich dabei die Frage stellt, wie es um die Sicherheit der Firmen und des Einzelnen bestellt ist, wenn alle diese Daten frei zu haben sind, ist Broy bewusst. Er sieht eine wichtige Aufgabe darin, auch darauf Antworten zu geben.

Das neue Zentrum soll möglichst bald seine Arbeit aufnehmen, "wenn es nach mir geht, morgen", sagte Broy. Zunächst wird es räumlich an die TU in Garching angegliedert, später sei geplant, in einem Neubau am Campus Räume zu mieten. Aber warum soll das Zentrum, das ja für ganz Bayern Relevanz besitzt, ausgerechnet in Garching angesiedelt sein? "Auch Virtualität braucht eine Postleitzahl", sagte Wissenschaftsminister Spaenle. Und Broy ergänzte: Es gebe dort einen Technologiepark und ein Gründerzentrum, die TU und diverse Forschungseinrichtungen sowie die Nähe zum Flughafen. "Garching ist ein guter Standort. Unter allen möglichen Standorten erschien uns Garching ein guter Kompromiss zu sein."

© SZ vom 11.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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