Mitten in Oberhaching:Schieben oder zahlen

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Oberhaching möchte fahrradfreundliche Gemeinde werden. Doch jetzt heißt es ausgerechnet auf der künftigen Radlschnellstrecke: Durchfahrt verboten

Von Iris Hilberth

Eine große Prüfung steht der Gemeinde Oberhaching im Juni bevor. Sie will ganz offiziell ihre Fahrradfreundlichkeit unter Beweis stellen. Auf die leichte Tour ist diese Auszeichnung nicht zu haben. Die Prüfer gelten als überaus streng. So steckt Oberhaching schon seit sechs Jahren Geld, Zeit und Überzeugungsarbeit in die Umsetzung des Konzepts "Oberhaching steigt auf". Doch kaum ist man richtig in Fahrt gekommen und fühlt sich im Rathaus bestens vorbereitet für diesen kommunalen Fahrradführerschein, haut irgendwo irgendwer die Bremse rein. Manchmal verursachen die Kommunalpolitiker sogar selbst den nächsten Speichenbruch.

Erst kürzlich wurde das fahrradfreundliche Tempolimit auf der Straße zwischen Ödenpullach und Deisenhofen auf Antrag der CSU wieder aufgehoben. Jetzt dürfen die Radler auf ihrer Hauptreiseroute zwischen Harlaching und Oberhaching plötzlich nicht mehr weiterfahren.

Das Verkehrsschild Nummer 250, rund, weiß, mit rotem Rand, verbietet die Durchfahrt, und zwar für alle. Auch für Fahrräder. Wer also zur Kugleralm will, muss auf Höhe der Nussbaumranch raus aus dem Sattel und schieben. Wer sein Rad liebt, der schiebt? Das könnte natürlich auch eine Form von Fahrradfreundlichkeit sein. Diesmal ist das allerdings kein kurioser Coup des Gemeinderats. Ein Zusatzschild mahnt nämlich: "Privatweg - keine Haftung". Es ist nicht bekannt, wie viele Leute es dort schon geschmissen hat, weil der sonst schnurgerade Weg durch den Perlacher Forst hier seine einzige Biege macht und teils holprig unter der Bahn durchführt. Jedenfalls empfahl es sich schon immer, an dieser Stelle das Tempo zu drosseln.

Offenbar will der Eigentümer dieser Strecke überhaupt nicht mehr, dass auf diesem Abschnitt geradelt wird. Macht man das trotzdem, sieht der aktuelle Bußgeldkatalog Strafen zwischen 15 und 30 Euro vor, je nachdem, ob man dabei noch jemanden gefährdet oder etwas beschädigt hat. Ganz schön riskant also. Der Stau durch schiebende Radfahrer an Wochenenden ist also programmiert. Man darf auch nicht vergessen, dass Bürgermeister Stefan Schelle und seine Kollegen aus den Nachbargemeinden diese Route als Radlschnellweg aus dem Hachinger Tal nach München auserkoren haben. So allerdings wird das schwierig mit der Schnelligkeit. Ein Durchfahrtsverbot auf einem Radschnellweg ist wie eine verkehrsberuhigte Zone auf dem Nürburgring oder ein Zebrastreifen über die A 8. Wer so etwas durchsetzen will, braucht ein Konzept: "Oberhaching steigt ab."

© SZ vom 02.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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