Leih-Fahrräder:Mobil per Landrad

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Viele Bahnhöfe im Umland böten sich nach Meinung von Kommunalpolitikern als Standort für Leih-Fahrräder an. Der Landkreis lässt ein Konzept erarbeiten, die Münchner Verkehrsgesellschaft steht als Partner bereit.

Von Bernhard Lohr, Brunnthal

Natürlich lässt auch in Brunnthal mal jemand sein Fahrrad irgendwo stehen und kümmert sich nicht weiter drum. Das wäre nicht der Rede wert. Doch wenn Eingeweihte in Brunnthal über "Fundradl" reden, dann geht es nicht nur ums Verlieren und Wiederfinden. Bürgermeister Stefan Kern (CSU) schätzt, dass bei der alle zwei Jahre anstehenden Versteigerung der Gemeinde etwa 150 solche Fundräder im Angebot sind. Diese beachtliche Zahl ist nachvollziehbar, wenn man weiß, dass die meisten Räder in der Wiese am Ortseingang gefunden werden. Mancher bedient sich eben einfach am Fahrradständer am Bahnhof in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, wenn der Bus nicht mehr fährt.

Es ist eine eigenwillige Interpretation des Leih-Rad-Gedankens, die sich in Brunnthal etabliert hat. Bürgermeister Stefan Kern (CSU) will das nicht schönreden und Fahrraddiebe nicht in Schutz nehmen. Auch er liebt sein Rad. Aber er sieht auch Handlungsbedarf, weil er selbst schon erlebt hat, wie hilflos man nachts am S-Bahnhof stehen kann. "Da gehen die Leute auch zu Fuß heim." Ein paar Kilometer im Dunkeln. Das ist kein großer Spaß.

Im Dezember soll ein Konzept vorgestellt werden

Kern setzt sich deshalb dafür ein, dass flächendeckend im Landkreis Fahrrad-Leihstationen an den Bahnhöfen eingerichtet werden. Gerade auch Bewohnern ganz kleiner Ortsteile wie Kirchstockach oder der Gudrunsiedlung, die auch tagsüber selten von Bussen angefahren werden, könnten seiner Meinung davon profitieren, wenn das Leih-System der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) über die Stadt hinauswachse.

Der Landkreis arbeitet daran. Einige Bürgermeister und Landrat Christoph Göbel (CSU) waren dabei, als das erste MVG-Rad startete. Gespräche wurden vereinbart. Im April beschloss der Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur des Kreistags, offiziell mit der MVG in Verhandlungen einzutreten. Die laufen dem Vernehmen nach gut, und im Dezember, so heißt es aus dem Landratsamt, werde ein Konzept vorgestellt. "Wir sind intensiv dran an dem Thema", sagt Behörden-Sprecherin Christine Spiegel. Der Aufbau eines Leih-Systems im Landkreis könne durch Zuschüsse des Bundesumweltministeriums unterstützt werden. Das Antragsverfahren laufe.

Den Radwegs entlang der Staatsstraße 2367 in Brunnthal gibt es endlich, die Leihräder am Bahnhof Höhenkirchen-Siegertsbrunn noch nicht. (Foto: Angelika Bardehle)

Die Kommunen drängen. Einige haben wie Unterschleißheim den Kontakt zur MVG gesucht. Unterföhring, Oberhaching, Ismaning, Grünwald, Haar, Brunnthal und Taufkirchen etwa haben Interesse bekundet, dass die Stadträder per Smartphone bald bei ihnen zu leihen sind. Garching hat bereits Beschlüsse gefasst. Doch lokale Bestrebungen wurden mit Blick auf ein Gesamtkonzept zurückgestellt. Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD), die am Bahnhof in Gronsdorf Leihräder wünscht, mit denen Ausflügler zum Riemer See radeln können, sagt, die Bürgermeister hätten sich verständigt zu warten, "bis die Modalitäten" einer Einführung geklärt seien.

In München zählt die MVG nach eigenen Angaben bereits 50.000 Kunde

Gunnar Heipp, Leiter Strategische Planungsprojekte bei der MVG, steht als Partner bereit. Er sieht die Voraussetzungen gegeben, mit dem MVG-Leihrad-System über die Stadtgrenze hinauszuwachsen. In München zähle man mittlerweile 50 000 Kunden. "Wir sind gut unterwegs." Der Landkreis, die Landeshauptstadt und die MVG arbeiteten an einem Konzept. Der Landkreis strebt seinen Worten nach ein Angebot für alle Gemeinden an. Heipp schließt in angepasster Form auch Leih-rad-Stationen in Brunnthal nicht aus. Er sieht aber vor allem in stadtnahen Gebieten wie in Garching, im Würmtal und in Martinsried Chancen. Auf jeden Fall gebe es nicht nur Einpendler, sondern auch viele Auspendler, die das Rad etwa zu Ausflügen nutzten. Bei der Rückgabe der Räder, die nicht irgendwo abgestellt werden dürften, seien Regelungen zu finden.

Es gibt in Brunnthal freilich auch Leute, die die vielen Fundräder in der Wiese nicht überzeugen. Siegfried Hauser (Parteifreie Wählergruppe Brunnthal) sagt, es habe am Land doch jeder sein eigenes Rad zu Hause. Die 60 000 Euro, die die Gemeinde für den Aufbau von Leihstationen bereit stellen müsste, hält er für "rausgeschmissenes Geld". Die Mehrheit im Gemeinderat freilich will bereit sein, wenn die MVG-Räder kommen. In Garching wartet man sowieso schon. Rudi Naisar, Fahrradbeauftragter der Stadt, sagt, er werde oft gefragt, wann Leih-Stationen eingerichtet würden. Die TU, die Gemeinde und der Business-Campus - alle seien dabei.

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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