Laubholzbockkäfer:Gartenbesitzerin will Schadenersatz für gefällte Linde

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Von der stolzen Linde in Bärbel Bruchs Neubiberger Garten ist nur noch ein Baumstumpf übrig. (Foto: Claus Schunk)

Der Baum wurde wegen des Laubholzbockkäfers vorsorglich abgeholzt - eine Frau aus Neubiberg will das nicht hinnehmen und klagt.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Wie viel ein kleiner schwarzer Krabbler namens Asiatischer Laubholzbockkäfer (Alb) anrichten kann, haben besonders die Neubiberger in den vergangenen eineinhalb Jahren erleben müssen. Weil im Herbst 2014 an Bäumen in der Gemeinde Befall mit dem Käfer festgestellt worden war, ließ die zuständige Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in drei Fällrunden mehr als 1000 potenzielle Wirtsbäume abholzen, um den Schädling zu bekämpfen.

Einer der Bäume, der 2015 entfernt wurde, war die alte Linde in Bärbel Bruchs Garten in der Josef-Kyrein-Straße in Neubiberg. Wo vorher der prächtige Baum stand, ist nur noch ein Baumstumpf übrig. Bruch hat wegen des Fällbescheids gegen den Freistaat Bayern Klage vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht eingereicht. Sie wird am Donnerstag von 13 Uhr an vor der zwölften Kammer verhandelt.

Bärbel Bruch und ihr Mann Guido haben viel versucht, um die Fällung zu verhindern. Auch der Gemeinderat hatte sich dafür eingesetzt, die Linde als ortsbildprägend einzustufen und zu erhalten. Doch ohne Erfolg. Am Ende stimmte Bärbel Bruch der Fällung zu - unter anderem weil ihr Mitarbeiter der LfL gesagt hätten, der Baum sei durch einen Zwiesel, also eine Wuchsanomalie, stark beschädigt und er sei eine Gefahr für die Umgebung, heißt es in der Klage.

Die Bruchs glauben, dass auch andere Fällbescheide ungültig waren

Die Bruchs setzen Hoffnungen in den Prozess: "Sollte das Gericht unsere Bedenken teilen, wären womöglich Dutzende und mehr Bescheide ungültig", sagt Guido Bruch, der sich tief in die Materie einarbeitete und mit seiner Frau die Schreiben ans Gericht verfasst hat. Auf einen Anwalt haben sie aus Kostengründen verzichtet.

So blühte die Linde noch im Sommer. (Foto: oh)

Die Bruchs begründen ihre Klage vor allem mit folgenden Argumenten: Sie sind der Meinung, dass die Linde nicht auf Basis von Paragraf 8 des Pflanzenschutzgesetzes hätte gefällt werden dürfen, weil "die einschlägige wissenschaftliche Literatur weltweit keinen Fall einer Linde kennt, in der ein Alb aus einer Linde mittels eines Ausbohrloches in die Umwelt gelangte", wie es in der Klage heißt. Die Bruchs sehen die für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Wiederholungsgefahr gegeben. Es sei davon auszugehen, dass die Landesanstalt auch in anderen Fällen auf Basis desselben Paragrafen "Linden und womöglich andere Baumarten ohne bisherigen Nachweis eines Ausbohrlochs fällen lassen wird."

Außerdem glauben sie, dass mit dem Bescheid gegen die Allgemeinverfügung der LfL verstoßen wurde. Dort heißt es, dass die Behörde im Einzelfall entscheidet, ob potenzielle Befallsbäume im Umkreis von 200 Metern um einen Befallsbaum mit Ausbohrloch zu fällen sind. Das entspreche einem Radius von 100 Metern, das für ihre Linde relevante Ausbohrloch habe sich aber 117 Meter vom befallenen Baum entfernt befunden, heißt es in der Klage.

Wie das Verfahren ausgeht, wird sich zeigen. Es wird auf jeden Fall um die Zulässigkeit der Klage gehen. "Der Anwalt des Freistaats Bayern hat die Nichtzulässigkeit unserer Klage beantragt", sagt Guido Bruch. Die Landesanstalt für Landwirtschaft möchte sich dazu laut Sprecherin Elke Zahner-Meike derzeit nicht äußern, "da es sich um ein laufendes Verfahren handelt".

Die Gegenseite sieht keine Wiederholungsgefahr

Wie sich aus der Klageerwiderung ergibt, die der Redaktion vorliegt, zweifelt der Anwalt des Freistaats aber schon am Bestehen einer konkreten Wiederholungsgefahr, weil es sich bei der Linde um den "einzigen Baum dieser Gattung, der sich auf dem Grundstück der Klägerin befand" gehandelt habe, die Anpflanzung weiterer Linden nicht geplant sei und eine "hohe Wahrscheinlichkeit" dafür spreche, dass "die Alb-Bekämpfungsmaßnahmen im Gebiet Neubiberg abgeschlossen" seien.

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Ob mit dem Verfahren ein Präzedenzfall geschaffen wird oder die Klage abgewiesen wird, wird man sehen. 2014 und 2015 hatte das Verwaltungsgericht aus unterschiedlichen Gründen bereits zwei Eilanträge gegen Fällbescheide im Osten und Südosten des Landkreises abgewiesen. Die Bruchs hoffen jedenfalls, "dass die Rechtmäßigkeit des Bescheids überprüft wird". Ihnen geht es auch um Schadensersatz für die Entfernung des Wurzelstocks und die Pflanzung eines neuen Baums.

In Niederbayern wurde der Schädling erfolgreich bekämpft

Hat die Klage keinen Erfolg, könnten die Neubiberger und die Feldkirchner vielleicht dennoch bald aufatmen. In Neukirchen am Inn im Landkreis Passau ist es nun erstmals in Bayern geglückt, den gefährlichen Käfer zu besiegen. Darüber informierte vor kurzem die Landesanstalt für Landwirtschaft in einer Pressemitteilung. Am 31. Dezember 2015 endete der Quarantänestatus des Befallsgebietes Neukirchen. Seit dem letzten Fund im Sommer 2011 wurden laut LfL in den folgenden vier Jahren bei Kontrollen und beim Monitoring keine Befallsmerkmale gefunden. Damit gilt der Baumschädling in Neukirchen als ausgerottet. Die Gemeinde war das erste Gebiet in Bayern, in dem im Jahr 2004 ein Befall mit dem gefährlichen Krabbler zweifelsfrei bestätigt wurde.

Grund für diesen Erfolg sind laut LfL die Maßnahmen, die die Behörde und das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Passau-Rotthalmünster ergriffen hatten und die gute Unterstützung durch die Bürger und die Vertreter der Kommunen. In Neubiberg wurden bei der dritten Fällaktion im September ebenfalls keine Spuren des Käfers mehr gefunden, ebenso wenig bei der Überprüfung der Pheromonfallen im November. Auch in Feldkirchen, wo der Käfer 2012 zum ersten Mal festgestellt wurde, wurden bei den jüngsten Kontrollen keine Anzeichen des Käfers mehr festgestellt.

© SZ vom 20.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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