Landkreis:Weit hinter den Erwartungen

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Beratungsstelle bei der Arbeitsagentur erreicht problematische Jugendliche zu selten

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Junge Menschen zu erreichen, ist eine der großen Herausforderungen der Politik. Dem Landkreis gelingt das mit seinem Projekt "Junge Menschen in Bildung und Beruf", das im Oktober 2016 den Betrieb aufgenommen hat, bisher nur bedingt. Dennoch haben sich die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses im Kreistag dafür ausgesprochen, das Programm fortzuführen und Wege zu suchen, um Jugendliche unter 25 Jahren, die auf dem Weg in Bildung und Arbeit Schwierigkeiten haben, noch besser beraten und unterstützen zu können.

Junge Menschen in Bildung und Beruf, kurz: Jibb, ist eine sogenannte Jugendberufsagentur, die gemeinsam durch den Landkreis, die Regierung von Oberbayern, die Landeshauptstadt und das Jobcenter Münchner initiiert wurde. Untergebracht ist das Jibb in Räumen der Agentur für Arbeit in der Kapuzinerstraße am Alten Südfriedhof. Dort können sich junge Menschen in lockerer Atmosphäre zu allen Anliegen rund um die Themen Schule, Aus- und Weiterbildung, Studium und Beruf informieren. Aus dem Landratsamt soll sich eine eigens abgestellte Mitarbeiterin um die Belange der Jugendlichen aus den 29 Städten und Gemeinden kümmern. Nur haben die jungen Erwachsenen das Angebot bisher eher spärlich angenommen.

In den ersten Monaten, das machten Mitarbeiter der Behörde bei ihrem Sachstandsbericht im Jugendhilfeausschuss deutlich, hätten insgesamt 514 Jugendliche das Programm in Anspruch genommen - darunter lediglich 63 aus dem Landkreis München. Damit, sagte Jugendamtsleiter Uwe Hacker, blieben die Zahlen weit hinter den Erwartungen zurück. Jibb sei noch nicht ausreichend präsent im Landkreis. Zwar habe es eine Auftaktveranstaltung gegeben, sagte Hacker, sowie Flyer und auch einen Internetauftritt; all dies habe aber noch nicht ausgereicht, um junge Menschen in Bildung und Beruf ausreichend bekannt zu machen.

Das soll sich nun ändern. Und Landrat Christoph Göbel (CSU) machte deutlich, dass er das Projekt auch weiter fördern wolle. Schließlich habe es einen ernsten Hintergrund: Mit der intensiven und individuell angepassten Beratung sollen bisher "beratungsferne" Jugendliche vor dem Abrutschen in die Arbeitslosigkeit und Abhängigkeit von Sozialleistungen bewahrt werden. Zentraler Bestandteil von Jibb ist die sogenannte Qualifizierte Anliegenklärung, die von Sabrina Huber, einer Sozialpädagogin des Landratsamts, mit Mitarbeitern des Münchner Sozial- und Schulreferats erfolgt. In offenen Gesprächen und einem Clearing soll eine passgenaue Anbindung an die richtigen Fachstellen erfolgen, die den Jugendlichen neue und passende berufliche Wege aufzeigen können.

Diese Gesprächsrunden will Sozialpädagogin Huber nun von der Landeshauptstadt in den Landkreis verlagern - gewissermaßen an die Brennpunkte. Neben der noch fehlenden Bekanntheit des Projekts, lässt Huber verlauten, spiele freilich auch eine Rolle, dass die Lage des Jibb mitten in der Landeshauptstadt ein Nachteil für die Jugendlichen aus dem Landkreis sei. Außerdem seien die regulären Öffnungszeiten in den Räumen der Agentur für Arbeit wenig attraktiv. Huber will verstärkt Arbeit an der Basis betreiben und gezielt in Schulen und Jugendzentren präsent sein - die Jugendlichen also "draußen" direkt abholen. Die Jugendlichen sollen dabei auch als "Multiplikatoren" wirken, um das Programm noch bekannter zu machen. Dieser direkte Zugang funktioniere bisher auch schon in Teilen.

Die Mitglieder im Jugendhilfeausschuss waren sich einig, das Programm weiter laufen zu lassen - und der Mitarbeiterin die Möglichkeit zu geben, neue Ansätze zu suchen, um die Jugendlichen besser einbinden zu können. Elsbeth Hülsmann vom Paritätischen Bezirksverband Oberbayern sagte, Jibb sei in jedem Fall lohnenswert und auch die bisherige Arbeit habe bereits Erfolge hervorgebracht. "Wir sollten auf jeden Fall weitermachen."

Denn auch in dem so reichen und weiter wachsenden Landkreis München gibt es immer wieder Jugendliche, die durch das Raster fallen. Auch deshalb, sagte Landrat Göbel, lohne es, die Arbeit von Jugend in Beruf und Bildung direkt in die 29 Städte und Gemeinden zu verlagern: "Wir müssen dorthin gehen, wo es den tatsächlichen Bedarf gibt. Und den gibt es auch im Landkreis München."

© SZ vom 12.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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