Lärmschutz an der A 995:Stammstrecken-Bau fördert Lösung zutage

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Könnte der Aushub für den zweiten Münchner S-Bahn-Tunnel nicht als Schutzwall an der Giesinger Autobahn aufgeschüttet werden? Am Mittwoch befasst sich der Unterhachinger Gemeinderat mit dem Lärmgutachten.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Die Autobahn rauscht und rauscht. "In letzter Zeit hört man sie wieder ganz besonders laut", findet Catia Hilgart, die in Unterhaching unweit der A 995 wohnt. Das mag an der derzeitigen Wetterlage liegen oder der Tatsache geschuldet sein, dass man im Frühjahr wieder häufiger die Fenster offen lässt und auf der Terrasse sitzt. Auch ist der 2013 aufgebrachte Flüsterasphalt eben nicht mehr der Jüngste. Im selben Jahr wurde damals die alte, marode Lärmschutzwand aus Sicherheitsgründen abgerissen.

Seither fordern die Anwohner wieder einen besseren Lärmschutz. Doch der ist der Gemeinde Unterhaching bislang zu teuer. Inzwischen hat sich Catia Hilgart an die Spitze der betroffenen Bürger gesetzt und durch ihre Hartnäckigkeit erreicht, dass sich nicht nur die Gremien und die Verwaltung im Unterhachinger Rathaus mit dem Thema beschäftigen müssen, sondern sie hat auch den Dialog mit den Behörden vorangetrieben. An diesem Mittwoch, 18. April, 18 Uhr, soll nun das vom Gemeinderat in Auftrag gegebene Lärmgutachten in der Sitzung des Gremiums vorgestellt werden.

Ein erster Etappenerfolg für Hilgart und die anderen Anwohner. Doch hat die engagierte Bürgerin schon ein weiteres Konzept in der Schublade: eine Idee, wie ein Lärmschutz finanziert werden könnte, ohne dass die Gemeinde Millionen Euro in die Hand nehmen müsste.

Schon lange wird Tempo 80 gefordert

Der Lärm an der Giesinger Autobahn ist eine Gefühlssache. Die Leute, die hier wohnen und tagtäglich mit den Gräuschen von der Autobahn leben, sind überzeugt: Es ist zu laut. Die Dezibelzahlen, die den Behörden vorliegen, zeigen aber: Es passt schon. Wollen Unterhaching oder das ebenso betroffene Taufkirchen also eine Lärmschutz, müssen die Gemeinden selbst zahlen. Das konnten und wollten beide Bürgermeister aber bislang nicht und verfolgen daher die Strategie, ein Tempolimit von 80 Stundenkilometern auch tagsüber anzustreben. Mehr als eine Unterschriftenaktion dazu ist bislang aber nicht herausgekommen. Und die zuständigen Behörden signalisieren auch immer wieder: Das geht aus rechtlichen Gründen nicht.

Nun hat Hilgart immerhin 700 Unterschriften für eine neue Lärmschutzwand gesammelt und das neue Gutachten bewirkt, das aktuelle Zahlen für das gesamte Gemeindegebiet liefern soll. Denn Unterhaching wird ja nicht nur von der A 995 beschallt, auf der Ostseite der Gemeinde verläuft schließlich auch noch die A 8. Zudem sollten die Gutachter des beauftragten Büros Müller-BBM durchrechnen, wie teuer welche Art von Lärmschutz werden könnte. Neben Lärmschutzwänden kam im Laufe der Untersuchungen noch die Idee für einen höheren Lärmschutzwall hinzu, der um einiges preisgünstiger sein könnte, weil genügend Aushubmaterial von den zahlreichen Baustellen im Großraum München vorhanden ist. Für dessen Entsorgung müssen Bauträger andernorts teuer bezahlen.

Die Idee: Entsorgungskosten sparen

Genau diese Idee, die bei einem Treffen im Innenministerium entwickelte wurde, hat Hilgart nun weitergedacht: Wie wäre es, wenn man das Aushubmaterial der zweiten Münchner Stammstrecke neben die A 995 kippen würde? "Ein Teil des Materials geht in Bergwerke, ein weiterer in Betonmischanlage, doch gibt es auch Schichten, die würden hierher passen", hat Hilgart herausgefunden. "Das wäre eine Win-win-Situation."

Bund und Land, die die zweite Röhre hauptsächlich finanzieren, würden auf diese Weise Geld sparen, das sie für die Entsorgung zahlen müssten, da sie die Erde ja auf ihrem eigenen Grund entlang der Autobahn loswerden könnten. Das gilt zumindest für den der 1,4 Kilometer langen Streifen von der Isartalstraße bis zur Anschlussstelle Unterhaching Nord, auf dem einst die alte Wand stand. Für die Fläche direkt neben der Fahrbahn ist die Autobahndirektion Südbayern zuständig, für den Wald dahinter die bayerischen Staatsforsten.

Würde man einen fünf Meter hohen Wall aufschütten, wären zusätzlich zum Grünstreifen 2400 Quadratmeter Forstfläche nötig, bei einem sieben Meter hohen Wall 7900 Quadratmeter, hat sich Hilgart ausrechnen lassen. Natürlich müssten dann einige Bäume gefällt werden, gibt sie zu. Doch sehe ihr Konzept eine Wiederaufforstung auf dem Wall vor.

Hilgart glaubt, der Wall könnte bis zum Winter stehen

Der Deutschen Bahn hat Hilgart ihre Idee ebenfalls unterbreitet. "Die Ausschreibungen für den Abraum im Westen laufen bereits, im Herbst ist die nächste Ausschreibung für Haidhausen angesetzt", hat sie erfahren und will erreichen, dass man zumindest dann an den Unterhachinger Wall denkt. Auch die Autobahndirektion habe bereits signalisiert, dass es für die Nutzung der Rasenfläche keine Genehmigungsprobleme geben würde.

Giesinger Autobahn
:Lärmschutzwall als Minimallösung

Das Innenministerium will Taufkirchen und Unterhaching helfen, die Wohnbebauung gegen die A995 abzuschirmen. Geprüft wird auch die Aufschüttung des Geländes mit Erdreich.

Von Iris Hilberth

Hilgart hat ihr Ansinnen mittlerweile auch in einem Brief an die bayerische Wohn-, Bau- und Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU) geschildert. "Ich hoffe, dass die Leute jetzt anfangen, miteinander zu reden", sagt Hilgart. Sie glaubt, so könnte der Erdwall noch in diesem Jahr realisiert und der Lärmpegel bis zum nächsten Winter reduziert werden.

Will man allerdings den Wall weiter Richtung Süden entlang der Felder bis nach Taufkirchen ziehen, wären noch Grundstücksverhandlungen notwendig. Erkenntnisse darüber sowie einen Lärmschutz an der A 8 soll an diesem Mittwoch das Gutachten in der Gemeinderatssitzung bringen.

© SZ vom 16.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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