Kommentar:Ignoranz schlägt Fakten

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Die CSU macht auf Opposition. Da sie Gutachten anzweifelt, wie bei der Realschule, kann man sie nicht ernst nehmen

Von Bernhard Lohr

Wenn der CSU-Fraktionschef im Haarer Gemeinderat zu einer Rede anhebt, dann beginnt er ausgesprochen freundlich im Ton. "Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin", heißt es zuerst. Und dann kommen doch immer wieder Sätze, die der soeben Geehrten die Zornesröte ins Gesicht steigen lassen. Den Sozialdemokraten im Gremium schwillt regelmäßig der Kamm. Das mag zum Geschäft gehören. Schließlich machen die Kräfteverhältnisse im Gemeinderat die CSU zur natürlichen Opposition. Und die CSU versteht sich auch als solche. Sie definiert sich über die Gegenpositionen zum Rathaus-Mainstream.

Wer diesen Weg beschreitet, sollte gleichwohl anerkennen, dass Fakten die Grundlage der politischen Auseinandersetzung bilden. Sie sind die Basis, auf der Demokraten um die besten Lösungen ringen - ob für ihr Land oder ihre Gemeinde. In Haar gerät dieser Boden immer wieder ins Wanken. Denn die CSU dreht sich die Wirklichkeit oft so hin, wie sie sie gerne hätte. So im Bauausschuss, als Dietrich Keymer ein seit Monaten vorliegendes Verkehrsgutachten ignorierte, das den Bau einer Realschule vom Ausbau der Verkehrsanbindung abhängig macht. Keymer pocht trotz dieser gutachterlich ermittelten Bedingung auf den Bau der Realschule zeitgleich mit der Fachoberschule und der Pflegeschule. Die CSU-Fraktion hebt daraufhin die Hand und fordert, das Unmögliche möglich zu machen.

Gutachten kann man hinterfragen. Aber sie bilden nun einmal die bestmögliche Grundlage von Entscheidungen. Wer so agiert wie die Haarer CSU, der öffnet der Beliebigkeit Tür und Tor. Die CSU macht sich auf diese Weise unglaubwürdig. Denn es bleibt der schale Beigeschmack, dass sie sich wieder einmal nur als die Partei hinstellen will, die die Realschule vorantreibt. Die anderen seien die Bremser. Das ist der Subtext, der in dieser Debatte seit Jahren zu hören ist. Eine ernst zu nehmende, scharf argumentierende Opposition wäre wichtig. Die ist in Haar selten erkennbar.

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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