Den Vogel haben die Taufkirchner Kommunalpolitiker abgeschossen, als sie mitten in der laufenden Debatte um dringend benötigte Unterkünfte für Flüchtlinge folgenden Vorschlag machten: Schutzsuchende im Gewerbegebiet Südost in Industriebauten unterzubringen. Das Ansinnen ging auch deshalb nicht durch, weil die Empörung in Ottobrunn riesengroß war - bei den Gemeinderäten und den Helfern. Denn der damals angedachte Standort ist so weit vom eigentlichen Ort Taufkirchen entfernt, dass kein Ehrenamtlicher dort jemals hingefahren wäre - und die Ottobrunner die Arbeit gehabt hätten.
Diese Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Politik wiederholt sich nun. Sie hat sich nur in einen anderen Bereich verlagert, in dem Taufkirchen nicht hofft, ein Problem auslagern, sondern vielmehr Einnahmen generieren zu können. Ein neues Gewerbegebiet soll her. Entstehen soll es auf einem Areal, das zwar noch Taufkirchner Flur ist, aber gefühlt aufgrund der Nähe zu Ottobrunn gehört. Jeder Euro, der durch das neue Gewerbegebiet erzielt würde, fände aber den Weg in die Taufkirchner Gemeindekasse. Einfacher gesagt: Ottobrunn bekommt die meist wenig ansehnlichen Industriebauten vor die Nase gesetzt - und der Nachbar stopft sich die Taschen voll.
Dieses Ungleichgewicht geht auf das Jahr 1955 zurück, als Ottobrunn eine eigenständige Gemeinde ohne Land wurde. Dafür können die Taufkirchner nichts, dennoch sollten sie als guter Nachbar an einem guten, funktionierenden Verhältnis interessiert sein. Das würde mindestens bedeuten, den flächenmäßig kleineren Partner anzuhören und über die Planungen frühzeitig und transparent zu informieren. Denn die Ungerechtigkeit, dass Ottobrunn quasi über die städtebauliche Gestaltung auf "seinem" Gebiet nicht mit entscheiden darf, hat Taufkirchen in der Hand.