Privatklinik in Kirchheim:Schlechte Prognose

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Der Ebersberger Landrat lehnt die Ansiedlung eines Krankenhauses in Kirchheim ab und weiß auch seine Kollegen aus Freising und Erding hinter sich. Damit schwinden die Chancen auf Genehmigung durch das Gesundheitsministerium.

Von Christina Hertel, Kirchheim

Eine eigene, private Klinik an der S-Bahn wollten die Kirchheimer haben. Dazu sollten sich Medizintechniker und Zulieferer ansiedeln, ein Reha-Zentrum entstehen. Kirchheim wollte als Medizinstandort weit über die Grenzen des Landkreises hinaus bekannt werden. Langsam wird klar: Dieser Traum könnte platzen. Denn der Widerstand gegen das Projekt wird immer größer: Der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU) hat sich gegen das Projekt ausgesprochen. "Und meine Kollegen in Erding, Freising und auch der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter haben die gleiche Meinung", sagt er.

Bis eine endgültige Entscheidung feststeht, dauert es nicht mehr lange. In knapp drei Wochen, am 17. Juli, tagt der Krankenhausplanungsausschuss erneut. Danach entscheidet das Gesundheitsministerium, ob die geplanten 180 Betten dem Bedarf entsprechen, also ob in der Klinik, die privat finanziert werden soll, auch Kassenpatienten behandelt werden dürfen. Für diese Entscheidung ist das Urteil des Krankenhausplanungsausschusses wichtig. Dieses Gremium besteht aus Mitgliedern der Krankenhausträgerseite, der Ärzteschaft und den Krankenkassen. Es soll das Gesundheitsministerium bei der Krankenhausplanung beraten. Das heißt: Die letzte Entscheidung liegt zwar beim Ministerium, doch Ziel ist das Einvernehmen, wie es auf der Homepage des Gesundheitsministeriums heißt.

Gegen das Klinikprojekt ist der Ebersberger Landrat Niedergesäß, weil ein neues Klinikum aus seiner Sicht zu einer Überversorgung führen würde. Und die könnte sich negativ auf das bestehende Angebot auswirken. Außerdem fürchtet er eine "Rosinenpickerei", wie er es ausdrückt. Denn in der Kirchheimer Klinik soll es neben einer Notfallambulanz, auch eine Tumor- und orthopädische Chirurgie geben. Weil Operationen in diesem Fachbereich besonders lukrativ sind, glaubt Niedergesäß, dass sich das später bei den anderen Kliniken im Umkreis bemerkbar macht.

Mit dieser Meinung ist Niedergesäß nicht alleine: Im vergangenen Jahr hat sich auch schon die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern, der unter anderem die AOK angehört, gegen ein Kirchheimer Krankenhaus ausgesprochen. Die Arbeitsgemeinschaft verwies darauf, dass es in München sogar ein Überangebot gebe und dass die städtischen Kliniken im Rahmen ihres Sanierungskonzepts mehr als 700 Betten abbauen müssten. Es wäre also unsinnig, in direkter Nähe 180 neue Betten zu schaffen.

Die anderen Landkreise befürchten, dass Personal abgeworben wird

In Kirchheim jedoch kann man die Bedenken nicht verstehen. "Wir machen da etwas völlig Neues", sagt Professor Rudolf Hipp, der zusammen mit seinem Kollegen Andreas Sendler die Klinik betreiben will. "Das tangiert die anderen Krankenhäuser gar nicht." Hipp kann sich vorstellen, dass in Kirchheim besonders komplizierte chirurgische Eingriffe vorgenommen werden. Zum Beispiel könnten dort Prothesen ausgetauscht werden, die von Bakterien befallen sind. "In dem Bereich ist München schlecht besetzt. Wir würden weder Patienten noch Personal abwerben."

Denn auch das sehen die anderen Landkreise offenbar als ein Problem an. "Wir haben uns eigentlich auf einen Nichtangriffspakt geeinigt", sagt Hipp. Hinter diesem Wort, das sich so kriegerisch anhört, steckt die Vereinbarung, kein Personal aus Ebersberg abzuwerben. Für Landrat Niedergesäß aber wäre das bloß ein schwacher Trost: "Wenn sich jemand, der gut qualifiziert ist, in Kirchheim bewirbt, kann ihn doch niemand aufhalten."

Diese Diskussion zeigt für den Kirchheimer Franz Gruber, der nach einer Krebserkrankung die Idee für das Krankenhaus hatte, nur eines: "Die anderen wollen verhindern, dass der medizinische Standard angehoben wird. Das würde ja Geld kosten." Denn die Klinik in Kirchheim, davon ist er überzeugt, sollte etwas Besonderes werden: vollkommen digital, mit Pflegern, die mehr Zeit haben, und einer "Hotelatmosphäre", wie es Gruber ausdrückt. Nach dem 17. Juli könnte dieser Traum ausgeträumt sein - zumindest für Kirchheim. Denn Rudolf Hipp hat noch einen zweiten Standort im Auge: Freiham im Westen von München.

© SZ vom 27.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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