Kirchheim:Neubau, Abriss, Neubau

Lesezeit: 3 min

Der Streit um die künftige Größe des Kirchheimer Gymnasiums wird durch einen mathematischen Kniff gelöst. Es soll vorübergehend 1500 Schülern Platz bieten, bis eine zusätzliche Schule Entlastung schafft

Von Martin Mühlfenzl, Kirchheim

Mit einem Satz beendet Matthias Wermuth die Diskussion über alle strittigen Detailfragen. "Uns bricht die Schule bald unter dem Hintern weg", sagt der Direktor des Kirchheimer Gymnasiums - und meint das auch so. "Wir hatten in jüngster Zeit vier Wasserschäden und eigentlich ist da auch nichts mehr zu reparieren", beschreibt Wermuth am Dienstag in der Sitzung des Zweckverbands weiterführender Schulen im Osten des Landkreises den Zustand seiner Einrichtung. Der aber soll bald Geschichte sein, denn der Zweckverband hat sich am Ende einer langen und intensiven Diskussion für einen sogenannten Teilneubau des Gymnasiums gegenüber dem bisherigen Standort an der Heimstettener Straße entschieden.

Dass letztlich alle Mitglieder des Zweckverbandes dem laut Schätzungen 59,1 Millionen Euro teuren Neubau zustimmten, liegt an einem kleinen mathematischen Kniff. Denn lange drehte sich der Streit um die künftige Schülerzahl des Gymnasiums. Die Frage war, ob eine Schule mit 1500 Schülern noch zeitgemäß sei oder solch riesige "Lernfabriken", wie Kritiker bemängeln, die Kinder und Jugendlichen beim Lernen eher behinderten. Das Kirchheimer Gymnasium wird nun vorübergehend zu einer Schule mit einer Kapazität von bis zu 1500 Schülern erweitert, soll mittelfristig aber wieder auf das Normalmaß von etwa 1200 Schülern zurückgefahren werden. So der Plan.

Die Aula des Gymnasiums Kirchheim wird noch durchhalten müssen - bis der Neubau der Schule auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht. (Foto: Sonja Marzoner)

Der voraussichtlich signifikante Anstieg der Schülerzahlen in Kirchheim hänge zweifelsfrei mit dem anhaltend starken Zuzug in der Region zusammen, sagte Carola Seis vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum, die den Zweckverbandsmitglieder eine Prognose der Entwicklung der Schullandschaft im östlichen Landkreis vorstellte.

Der von Seis prognostizierte spätere Rückgang der Schülerzahlen am Kirchheimer Gymnasium hängt mit einem Vorhaben zusammen, das mittlerweile über alle Parteigrenzen hinweg gefordert wird: dem Bau eines weiteren Gymnasiums in Aschheim oder Feldkirchen - neben Kirchheim die beiden anderen Kommunen innerhalb des Zweckverbandes.

Denn klar ist, das stellten Johanna Hagn (SPD) und Landrat Christoph Göbel (CSU) unisono heraus, es wird im Osten ein weiteres Gymnasium benötigt; die Gemeinde Feldkirchen hat unlängst im Gemeinderat beschlossen, auf ihrem Gemeindegebiet nach geeigneten Grundstücken zu suchen. In Aschheim hat nun die SPD-Fraktion nachgezogen und am Dienstagnachmittag einen gleichlautenden Antrag gestellt.

Die Ausarbeitungen des Planungsverbandes machen deutlich, dass zum einen der Bedarf an einem weiteren Gymnasium vorhanden ist und zudem nahezu alle Voraussetzungen für einen Standort in Aschheim oder Feldkirchen erfüllt sind. Neue Schulen, das besagen die Kriterien des Freistaats, dürfen bestehende Gymnasien nicht benachteiligen; zudem werden sie nur bewilligt, wenn in benachbarten Schulen die Kapazitäten ausgeschöpft sind.

Genau an diesem Punkt kommt nun der mathematische Kunstgriff für das Gymnasium in Kirchheim ins Spiel, der gleichermaßen einen Kompromiss zwischen den Befürwortern eines großen Kirchheimer Gymnasiums und den Verfechtern möglichst kleiner Schulen darstellt. Das Gymnasium wird mit einer Größenordnung für 1260 Schüler direkt gegenüber dem bisherigen Standort neu errichtet; der jüngste, bestehende Neubau mit acht Klassenzimmern für 260 Schüler bleibt für mindestens zehn Jahre bestehen. "So kommen wir auf 1500, können den Neubau aber dann abreißen und landen wieder bei 1300 Schülern", sagte Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU). Landrat Göbel wollte von neuerlichen Diskussionen nichts mehr wissen: "Weitere Verzögerungen wird es mit mir nicht mehr geben." Mit der Aussicht, künftig die Schülerzahlen auf Normalmaß zu halten, stimmte auch Johanna Hagn der Beschlussvorlage für den Teilneubau zu.

Denn die Prognosen für die Schülerzahlen lassen ein weiteres Gymnasium immer wahrscheinlicher werden. Für das Jahr 2027 werden bereits mehr als 1500 Schüler vorhergesagt. "Darin ist für Kirchheim ein Wachstum auf 14 000 Einwohner vorhergesagt", sagte Böltl. "Wir streben bis dahin aber 16 000 Einwohner an. Das macht deutlich, dass wir um ein weiteres Gymnasium überhaupt nicht herumkommen." Den beiden diskutierten Standorten in Aschheim und Ismaning werden mittelfristig jeweils Kapazitäten von mehr als 800 Schülern eingeräumt. "Aber es ist auch klar, dass neue Schulen sehr attraktiv sind. Sie können auch mehr Schüler anziehen", sagte Carola Seis. "Das Beispiel Garching zeigt das. Die Schule stößt heute schon an ihre Grenzen." Landrat Göbel sagte, dass jede Chance ergriffen werden müsse. Zu viel sei in den vergangenen Jahrzehnten liegen geblieben: "Der Raum braucht mehr Schulen als nur in Kirchheim. Und die bestehenden benötigen Entlastung." Auch Johanna Hagn äußerte sich zuversichtlich: "Die Beispiele Unterföhring und Ismaning zeigen, wie schnell es gehen kann." In beiden Gemeinden laufen die Planungen für neue Gymnasien auf Hochtouren.

© SZ vom 29.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: