Bürgerentscheid über das Kirchheimer Rathaus:An der Fragestellung scheiden sich die Geister

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Das Kirchheimer Rathaus soll durch einen Neubau ersetzt werden. Wo dieser entstehen soll, ist umstritten. (Foto: archiv gemeinde/oh)

Mit einem Ratsbegehren will die CSU den Streit um den Standort des Kirchheimer Rathauses beenden. Die SPD pocht auf eine neutrale Formulierung. Die Grünen erwägen, ein Bürgerbegehren dagegen zu setzen.

Von Martin Mühlfenzl, Kirchheim

Maximilian Böltl hat sich festgelegt. Bis zur Mitte seiner ersten Amtszeit möchte er "den Bau eines neuen Rathauses in zentraler Lage auf den Weg bringen". So verkündete es Böltl in seiner Bewerbungsrede als Bürgermeisterkandidat der Kirchheim-Heimstettener CSU im März 2013. Die Gründe, die der Christsoziale anführte, klingen plausibel - und werden auch ein Jahr nach der Wahl Böltls zum Bürgermeister nicht bestritten: die Zusammenführung "einer modernen Verwaltung und zwar in einem Rathaus". Kürzere Wege. Weniger Zeitverlust.

Doch der Begriff zentrale Lage ruft nun im ohnehin zerstrittenen Kirchheimer Gemeinderat neuen Zwist hervor. Eigentlich - und das war auch der Tenor Böltls im Wahlkampf - hatten sich die Fraktionen nach jahrzehntelanger Diskussion darauf verständigt, auf der freien Fläche zwischen den beiden Ortsteilen Kirchheim und Heimstetten ein neues Rathaus samt Bürgerhaus und Ortspark zu errichten. Von diesem Plan aber rückt die CSU nun ab und will die Streitfrage um den Standort in einem Bürgerentscheid klären lassen. Das Ansinnen der Christsozialen ist dabei eindeutig: Das Rathaus soll in der Kirchheimer Ortsmitte verbleiben.

Die Grünen sprechen von einem gebrochenen Wahlversprechen

Von "gebrochenen Wahlversprechen" spricht nun der grüne Gemeinderat Rüdiger Zwarg und erhebt schwere Vorwürfe gegen den Bürgermeister und die CSU. "Die CSU hat mit vielen emotionalen Themen Wahlkampf gemacht und damit Erfolg gehabt. Dazu gehörte auch ein identitätsstiftendes Rathaus zwischen beiden Ortsteilen", sagt Zwarg. "Dass die CSU diese Pläne mit einem Ratsbegehren beerdigen will, lässt tief blicken." Es dränge sich der Eindruck auf, sagt Zwarg, die Fraktion des Bürgermeisters habe von Anfang an vorgehabt, nach einem Wahlerfolg die Planung über den Haufen zu werfen. Persönliche Interessen - vor allem jene von CSU-Gemeinderäten und -Sympathisanten mit Grundbesitz oder Pachtverträgen - würden eine entscheidende Rolle spielen, kritisiert der Grüne; schwer verkäufliche Grundstücke in der Kirchheimer Ortsmitte könnten doch noch den Besitzer wechseln.

Ein Ratsbegehren, sagt Zwarg, müsse auch den gemeinsamen Willen des Gemeinderates widerspiegeln. "Das ist aber nicht der Fall. Es herrscht im Gremium kein gemeinsamer Konsens, deshalb darf es so ein Begehren auch nicht geben." Sollte es doch zustande kommen, sagt der Grüne, könne er sich durchaus ein Bürgerbegehren vorstellen: "Dann müssen wir alle Mittel der Demokratie ausschöpfen."

Böltl will sich das Weiterdenken nicht verbieten lassen

Die Debatte um den zukünftigen Standort ist seit Jahrzehnten emotional aufgeladen. Genau aus diesem Grund will nun auch Rathauschef Böltl eine Entscheidung durch die Bürger herbeiführen. Ja, es sei richtig, sagt Böltl, dass er mit einer anderen thematischen Ausrichtung in den Wahlkampf gegangen sei. Aber: "Ich werde mir doch das Weiterdenken nicht verbieten lassen. Es haben sich nach der Wahl neue Ideen entwickelt - und über die wollen wir die Bürger entscheiden lassen." Es zeige sich immer mehr, dass die beiden Ortsteile Kirchheim und Heimstetten eben auch zwei funktionierende Ortszentren besäßen: "Warum sollen wir das künstlich auseinander reißen? Wir wollen die Orte stärken, wo das Leben stattfindet." Es müsse der alte Dreiklang bewahrt werden, sagt Böltl: Rathaus, Gotteshaus, Wirtshaus.

Dies will die CSU konkret mit vier Fragestellungen erreichen: zur Ortsentwicklung mit einem Rathaus, einem Bürgerhaus, einem Ortspark und einer zusätzlichen, innerörtlichen Nord-Süd-Verbindung durch die Öffnung der Heimstettener Straße.

Auch der Vorwurf persönlicher Interessen steht im Raum

Als "sehr stark eingefärbt" bezeichnet SPD-Gemeinderat Marcel Prohaska den Fragenkatalog der CSU. "Im Prinzip habe ich kein Problem mit einem Bürgerentscheid. Aber die Fragen müssten neutral gehalten werden, sagt Prohaska; gleichzeitig wirft der Genosse der CSU aber vor, eine Kehrtwende zu vollziehen: "Es gab nach vielen Diskussionen eine einheitliche Meinung: Wir wollen in der Mitte zusammenwachsen - das war das starke Signal." Die CSU aber verabschiede sich von dieser Haltung. "Wir als SPD sehen gute Gründe, logistische und emotionale, um ein neues Rathaus zwischen beiden Ortsteilen zu bauen", sagt Prohaska. "Aber wenn es gute und logische Argumente für einen Standort in Kirchheim gibt, werde ich mich nicht verschließen."

Gleichzeitig wirft Prohaska der CSU aber auch vor, sich von Einzelinteressen leiten zulassen: "Ein guter Teil der CSU Fraktion ist durch Pachtverhältnisse oder Grundstücksbesitz betroffen und befangen." Für Bürgermeister Böltl sind Vorwürfe dieser Art "reiner Unsinn". "Wir sind doch hier nicht in einer Bananenrepublik." Es sei bei der Planung des Rathauses "volle Transparenz" gegeben. So viel, dass Böltl ein Ratsbegehren noch vor den Sommerferien für wahrscheinlich hält: "Nach einer Prüfung beider Standorte."

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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