Kirchheim:Ein Zeichen konkreter Solidarität

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Zwei Flüchtlinge spielen vor einem ausrangierten Boot auf Lampedusa Fußball. In Kirchheim thematisiert eine Lesung am Dienstag ihr Schicksal. (Foto: Franco Lannino/dpa)

Pfarrverband Kirchheim-Heimstetten veranstaltet die szenische Lesung "Ein Morgen vor Lampedusa"

Von Udo Watter, Kirchheim

Die winzige, fast baumlose Felseninsel liegt zwischen Tunesien und Sizilien, ihre Bewohner leben hauptsächlich von Tourismus und Fischfang, und die durchschnittliche Jahrestemperatur von mehr als 22 Grad ist für europäische Verhältnisse geradezu bestechend hoch. Die Gewässer rund um das Eiland sind stark von wandernden Meeresschildkröten frequentiert, darunter die Unechte Karettschildkröte, die allerdings vom Aussterben bedroht sind. Aber wer denkt schon daran, wenn er den Namen Lampedusa hört?

Die politisch zu Italien, geologisch zu Afrika gehörende Insel ist zum Symbol geworden für die Sehnsucht von Zehntausenden Menschen, die jedes Jahr versuchen, übers Mittelmeer nach Europa zu gelangen, sie ist zum Symbol geworden für eine fragwürdige Flüchtlingspolitik der EU, und vor allem steht sie für immer wiederkehrende Tragödien, bei denen Tausende Flüchtlinge in den vergangenen Jahren ertrunken sind - zuletzt starben im April vermutlich 800 Menschen bei einem schweren Schiffsunglück im April im Mittelmeer zwischen Libyen und Lampedusa .

Die szenische Lesung "Ein Morgen vor Lampedusa", die am Dienstag, 12. Mai, in Sankt Peter Heimstetten aufgeführt wird, thematisiert eines der schwersten Unglücksfälle vor der Inselküste: Am 3. Oktober 2013 versank ein mit 545 Flüchtlingen überladener Kutter. In Seenot geraten, wurde ein Feuer als Notsignal entzündet, geriet außer Kontrolle, die Menschen gerieten in Panik und das Boot kenterte. 366 Menschen ertranken: Menschen aus Eritrea, Somalia, Äthiopien und Syrien, geflohen vor Krieg und Armut, voll Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa.

Der italienische, in Hannover lebende Autor Antonio Umberto Ricco ist in jenen Tagen dorthin gereist, er hat aus Zeugenaussagen und dokumentarischem Material einen erschütternden Text entwickelt, der unterschiedliche Perspektiven auf die Katastrophe eröffnet und insbesondere die Einwohner von Lampedusa zu Wort kommen lässt. Dazu hat sein Landsmann Francesco lmpastato eigens für dieses Projekt Musik komponiert.

Protagonisten der szenischen Lesung (auf Deutsch) sind in Heimstetten unter anderem Mitglieder der Theaterakademie August Everding von der Hochschule für Musik und Theater München. Veranstaltet wird das Projekt vom Pfarrverband Kirchheim-Heimstetten, federführend organisiert hat es Eleonore Peters: "Wir möchten damit auch zeigen, welches Leid dahinter steckt", sagt sie. Peters, die im Oratorienchor Heimstetten singt und redaktionelle Mitarbeiterin bei der Flüchtlingshilfeorganisation Kolibri ist, will das Bewusstsein der Besucher schärfen für das Elend, die Verzweiflung und die Sehnsüchte der Flüchtlinge, ein Zeichen konkreter Solidarität zu setzen. "Wir wollen auch Leute erreichen, die gar nicht richtig über die Situation Bescheid wissen und solche gefährlichen Sätze sagen wie ,das Boot ist voll'." Die szenische Lesung "Ein Morgen vor Lampedusa" wird schon seit gut einem Jahr an verschiedenen Orten aufgeführt, vor einigen Wochen gab es eine Vorstellung in München im Gasteig, die von Peters besucht wurde. Sofort kam ihr die Idee, dieses Projekt auch in Heimstetten zu realisieren - die Erlöse der Benefiz-Lesung, bei der die Schauspieler auf eine Gage verzichten, gehen an den Helferkreis Asyl Kirchheim. Im Oratorienchor Heimstetten haben auch schon afrikanische Flüchtlinge mitgesungen. Rund um die Lesung und deren zentrale Fragen "Was geschah an jenem Morgen? Was erlebten die Flüchtlinge? Wie reagierten Einwohner, Touristen, Behörden? Hätte man mehr Menschen retten können? Wer trägt die Verantwortung für die Tragödie?" wird Petersen eine Einführung halten. Danach gibt es die Möglichkeit zum Austausch, auch, weil die Besucher nach der Vorstellung fassungslos sein dürften.

Die Lesung in Sankt Peter Heimstetten am Dienstag, 12. Mai, beginnt um 20 Uhr. Der Eintritt ist frei, Spenden gehen an den Helferkreis Asyl Kirchheim

© SZ vom 11.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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