Ismaning:Hippies von heute

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Herausfinden, was musikalisch möglich ist: Die erste Proben des Ohrwurms "Aquarius" ließen sich schon mal gut an. (Foto: Stephan Rumpf)

An der Ismaninger Musikschule entdecken Jugendliche das Kultmusical "Hair" neu

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Fünfzehn junge Frauen und zwei junge Männer laufen durcheinander durch den Saal im Dachgeschoss der Musikschule. Ihre Silhouetten huschen über das glatte Holzparkett. Auf ein Klatschen hin stehen plötzlich siebzehn George Bergers im Raum: selbstbewusste Machos, deren Körpersprache wenig Zweifel daran lässt, wer der Boss ist im Saal. "Sehr gut", ruft Susanne Casten-Jarosch der Runde zu. "Beim nächsten Signal möchte ich von euch allen Woof sehen. Ihr erinnert euch, der ist ein bisschen verstrahlt und bisexuell. - Wie sieht das aus?"

Berger und Woof sind zwei der Hauptfiguren von "Hair". Das US-amerikanische Hippie-Musical wurde Ende der Sechzigerjahre uraufgeführt und genießt noch heute dies- wie jenseits des Atlantiks Kultstatus. Die Musikschule Ismaning bringt das Musical um Friedensbewegung, Protest und freie Liebe nun im gemeindlichen Bürgersaal auf die Bühne. Bis zum Frühjahr 2016 erarbeiten die Choreografin und Tanzpädagogin Casten-Jarosch und ihre Kollegin, die Gesangspädagogin Naomi Grundke, das Stück mit jungen Ismaningern.

"Wir tasten uns gerade ran ans Stück", sagt Casten-Jarosch. Noch ist die Gruppe in der Anfangsphase der Probezeit, seit vier Wochen treffen sich die Teilnehmer zwischen zwölf und 32 Jahren regelmäßig mit ihren beiden Leiterinnen. Einige haben bisher noch kaum Erfahrung mit Musicals, waren einfach neugierig auf das Projekt. "Ich wollte diese Erfahrung gerne machen", erzählt Anna Weißenberger. "Außerdem", meint die 16-Jährige, "fand ich das Hippie-Thema cool." "Ich wollte Hair schon immer einmal mit Jugendlichen inszenieren", sagt Casten-Jarosch. Dass beim ersten Treffen keiner der jungen Teilnehmer das Musical kannte, überraschte sie dann allerdings doch ein wenig. - "Aber meine Eltern waren total begeistert, als sie gehört haben, dass wir Hair spielen", erzählt Darstellerin Leonie Geis.

Für die Jugendlichen war das Kultstück der Friedensbewegung zwar neu, ihre Begeisterung war trotzdem schnell geweckt. Trotz anderer Erfahrungen als die der älteren Generation bleiben die Grundthemen dieselben. "Wir haben uns die Frage gestellt: Für was würdest du im Leben einstehen?", erklärt Casten-Jarosch. Auf diese Weise nähern sich die Darsteller den starken Figuren aus dem Musical an, erkunden, woher diese die Motivation für ihren politischen Protest ziehen - und wo sie diese Energien vielleicht an sich selbst entdecken. Dabei arbeiten die beiden Leiterinnen am Anfang viel mit Improvisation, lassen ihre Darsteller sich an die Charaktere herantasten. "Man hat die Freiheiten, viel von sich selbst reinzubringen", sagt Geis.

Das genießen die Darsteller. "Es geht auch darum, etwas auszuprobieren", meint Casten-Jarosch. "Wir wollen die Gruppe anleiten, aber wir brauchen auch Input von den Spielern." Basis dafür ist, dass sich die Darsteller in der Gruppe wohlfühlen. Viele der jungen Spieler kannten sich vorher nicht, trotzdem war die Stimmung von Anfang an gut, erzählen die Teilnehmer. "Alle sind offen, niemand hat Angst vor Fehlern", sagt Sophie Renz. Das ist in der Probe spürbar. Hemmungen verfliegen schnell, auch wenn einer der Spielerinnen im ersten Augenblick einmal keine Pose einfällt um die Hair-Figur darzustellen - die Inspiration kommt rasch.

Ohne allzu großen Druck aufzubauen, ist das Projekt dann doch ambitioniert. "Wir müssen die Balance finden", sagt Casten-Jarosch, "dass wir ein tolles Stück auf die Bühne bringen und es gleichzeitig für jeden persönlich etwas bringt, jeder eine neue Seite an sich entdecken kann." Der Zeitplan ist eng gestrickt. Parallel zum Erarbeiten der Bühnencharaktere übt die Gruppe schon die ersten Songs - natürlich nach den englischen Originalversionen. Das stellt besonders die Darsteller, die noch keine Chorerfahrung haben, vor eine Herausforderung, schließlich sind etliche der Varianten mehrstimmig angelegt. "Wir werden herausfinden, was musikalisch möglich ist", beruhigt Casten-Jarosch. Bei ersten Versuchen des Ohrwurms "Aquarius" war sie begeistert von den schönen Stimmen - das sollen nach Möglichkeit auch die Zuschauer sein, wenn sie "Hair" im Frühjahr in Ismaning auf der Bühne erleben.

Die Proben für das Musicalprojekt "Hair" finden immer donnerstags von 18.30 bis 20 Uhr in der Musikschule Ismaning, Mühlenstraße 19, statt. Vor allem männliche Darsteller werden noch gesucht. Informationen unter www.musikschule-ismaning.de.

© SZ vom 29.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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