Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Kurz vor der Entgleisung

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Die Bahnüberführung an der Station Wächterhof ist wegen Instandhaltungsarbeiten derzeit gesperrt. (Foto: Claus Schunk)

Im östlichen Landkreis sind sie mal wieder sauer auf die Bahn und deren S-7-Pläne

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) gerät am Donnerstagabend im Hauptausschuss des Gemeinderats regelrecht in Rage. "Die Bahn macht, was sie will", sagt sie. Ihr Vertrauen in die Manager des Konzerns sei nun vollends dahin. Den Anlass für den nur mäßig noch kontrollierten Wutausbruch bot, dass die Bahn von einem Tag zum anderen angekündigt hatte, an der Bahnüberführung am Bahnhof Wächterhof mit Sanierungsarbeiten zu beginnen. Mayer interpretierte dies als Absage an einen zweigleisigen Ausbau der S 7. Denn: Wer saniert schon eine Brücke, die er später für ein zweites Gleis umbauen muss?

Womöglich zog Mayer diese Schlussfolgerung etwas übereilt. Denn die Bahn erklärte am Freitag, dass die Arbeiten nicht mit einer Generalsanierung etwa verwechselt werden sollten. Es handle sich "konkret um eine Instandsetzung eines Bahnübergangs", teilt ein Bahnsprecher mit. Also um Reparaturarbeiten. Mögliche Entscheidungen über einen Streckenausbau seien davon nicht berührt. Diese Einschätzung teilt man mittlerweile im Landratsamt, wo es zwischenzeitlich ebenfalls zu Irritationen wegen der kurzfristig anberaumten Baustelle kam. Es gab einen Mailverkehr zwischen Landratsamt und Bürgermeisterin Mayer, die schloss sich auch mit den engagierten Bürgern der Initiative "S 7 Ost-plus" kurz, die schon lange den Ausbau fordern und bei denen der Ärger ebenfalls hochkochte.

Die Episode zeigt: Der Frust sitzt bei den Beteiligten mittlerweile tief. Denn auch nach Jahren des Werbens für einen Ausbau des stark genutzten und äußerst störanfälligen Ostasts der S 7 ist kein Fortschritt in Sicht. Nortrud Semmler wohnt in Großhelfendorf und kam am Donnerstag wegen Störungen auf der Strecke mal wieder eine halbe Stunde später zu Hause an als geplant. Sie ist in der S-Bahn-Initiative engagiert und hält es für "so was von rückwärtsgewandt", angesichts des Siedlungsdrucks die Strecke eingleisig zu belassen. Sie gibt der kostspieligen Zweiten Stammstrecke Schuld daran, dass sich auf der S 7 nichts tut. S-Bahn-Pendler von weiter draußen zahlten für das Großprojekt die Zeche, sagt sie.

Auch wenn mit der Baustelle in Wächterhof jetzt noch keine Vorentscheidung gefallen ist. Wenig spricht dafür, dass der zweigleisige Ausbau kommt. Denn wie der Bahnsprecher auch sagt, liege die Verantwortung für das Schienennetz bei der Bundesrepublik. Und im Bundesverkehrswegeplan sei ein zweigleisiger Ausbau der Strecke nicht vorgesehen. Dabei liegen an der Trasse mit Ottobrunn, Neubiberg, Hohenbrunn, Höhenkirchen-Siegertsbrunn und Aying Gemeinden, die im boomenden Großraum klassische Zuzugsgebiete sind.

Tatsächlich könnte sich an einem Bauprojekt in der Gemeinde Aying bald zeigen, ob der zweigleisige Ausbau der Trasse endgültig zu den Akten gelegt werden muss. Denn bis zum Jahr 2021 muss nach Vorgaben des Eisenbahnbundesamts in Großhelfendorf der höhengleiche Bahnübergang an der Kreisstraße M8 aus Sicherheitsgründen umgebaut werden. Drei mögliche Umbauvarianten liegen der Gemeinde vor. Die günstigste wäre freilich, den Bahnübergang mit Schranken zu belassen und nur technisch auf den geforderten Stand zu bringen. Es könnte aber auch die Bahn oder die Straße tiefergelegt werden. Michael Schiller, zuständiger Verkehrsfachmann im Rathaus, rechnet damit, dass die Bahngleise tiefergelegt werden, auch weil beim Fortbestehen des Bahnübergangs gravierende Folgen für das angrenzende Großunternehmen Fritzmeier erwartet werden.

Was aber noch völlig in den Sternen steht, ist die Frage, ob dann die Bahnunterführung auch für eine zweigleisige Strecke ausgelegt wird. Bürgermeister Johann Eichler warb zuletzt vehement dafür. Doch die Hoffnungen sind nicht groß, solange der S-7-Ausbau nicht im Bundesverkehrswegeplan auftaucht. "Die Bahn darf gar nicht planen", heißt es aus dem Ayinger Rathaus.

© SZ vom 07.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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