Haar:Unterschiedliche Prioritäten

Lesezeit: 2 min

"Unverhältnismäßig" hoch findet Dietrich Keymer die Kosten für den Senioren-Fahrdienst der Gemeinde. Der Vorsitzende der CSU-Gemeinderatsfraktion spricht von "Realsatire". (Foto: Angelika Bardehle)

Haarer Gemeinderäte uneins über Investitionen und Sparmaßnahmen

Von Bernhard Lohr, Haar

Die Steuereinnahmen steigen etwas und große Ausgaben stehen erst in den kommenden Jahren an: Der Haarer Gemeinderat hat unter günstigen Rahmenbedingungen einstimmig einen Haushalt mit einem Volumen von 70 Millionen Euro für 2017 verabschiedet. Dennoch offenbarten die Haushaltsreden, die in Haar traditionell programmatischen Charakter haben, tief greifende Meinungsunterschiede darüber, wo in Zukunft Prioritäten zu setzen sind. Die CSU forderte größere Sparanstrengungen ein und pochte darauf, Vorhaben stärker nach sachlichen und wirtschaftlichen Aspekten abzuklopfen.

Antonius van Lier (Freie Wählergemeinschaft) verlangte dasselbe bei einem Lieblingsprojekt der CSU: dem Schulcampus in Gronsdorf. Sollte das Schulprojekt finanziell die Kräfte der Gemeinde übersteigen, und sollte am Campus ein Verkehrsinfarkt drohen, wäre es "unverantwortlich" diesem zuzustimmen. Dass man da zusammengefunden hätte, wenn Entscheidungen angestanden wären, ist schwer vorstellbar. Doch es sind erst einmal nur Planungskosten für die Realschule und die Fach- und Berufsoberschule in Gronsdorf im Haushalt einkalkuliert. Gebaut wird, wenn, dann in den folgenden Jahren.

Größere Ausgaben sind dafür mit sieben Millionen Euro im sozialen Wohnungsbau vorgesehen und mit 1,7 Millionen Euro für den Umbau der Bahnsteigzugänge. Auch in die Ausstattung der Feuerwehr, den Schallschutz in den Klassenräumen der Konrad-Mittelschule, Kindertagesstätten und Sportstätten fließt relativ viel Geld. 12,6 Millionen Euro investiert Haar hier. Die Rücklagen sollen von 22 auf 20 Millionen Euro bis Ende 2017 sinken. Bis Ende 2020 freilich wird ein Rückgang auf zwei Millionen Euro erwartet und steigende Schulden. Denn von 2018 schlägt der Bau der Grundschule im Jagdfeld drei Jahre mit je acht Millionen Euro zu Buche. Der Schulcampus ist da nicht berücksichtigt.

Mit 34 000 Euro im Jahr ist der neu geschaffene Fahrservice der Gemeinde, mit dem Senioren für zwei Euro kurze Fahrten übers Rathaus buchen können, ein kleiner Posten. Allerdings hat sich daran ein Streit entzündet, der exemplarisch dafür steht, wie unterschiedlich die Akteure im Gemeinderat die Dinge manchmal bewerten. CSU-Sprecher Dietrich Keymer kritisierte - die Abschreibung für das von den Gemeindewerken gesponserte E-Mobil eingerechnet - die "unverhältnismäßig hohen Kosten" von 30 Euro je Fahrt. Das Rathaus solle besser Taxigutscheine ausstellen, sagte er und sprach von Realsatire. Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) wehrte sich dagegen, den Service als "nicht wirklich nötig" abzuqualifizieren. "Auch große Vorhaben dürfen nicht den Blick aufs Kleine verstellen." Wirtschaftlichkeit alleine dürfe nicht Messlatte sein für kommunale Aufgaben. Mike Seckinger (Grüne) verteidigte den Fahrservice, der beliebt sei und möglicherweise ein Einstieg zu einer "systematischeren Seniorenpolitik". Es gibt Überlegungen, den Fahrservice später der Nachbarschaftshilfe zu übergeben. Seckinger kündigte an, wieder ökologische Aspekte mehr in den Vordergrund rücken zu wollen. Thomas Fäth (SPD) sprach von einem Haushalt mit Augenmaß, der mit Zuschüssen Vereinsarbeit unterstütze und den Zusammenhalt stärke. Zugleich würden dank neuer Spielräume 2,3 Millionen Euro in die Sportstätten investiert.

Die Bürger bleiben dabei von Überraschungen verschont. Ursprünglich geplante Straßensanierungen wurden laut Müller 2017 gestrichen, damit die Gemeinde nicht von Anliegern einen Straßenausbaubeitrag einfordern muss.

© SZ vom 01.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: