Haar:Für den Ernstfall gewappnet

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Die Gemeinde Haar steckt in diesem Jahr noch 90 000 Euro in den kleinen Bürgersaal und in das Gasthaus zur Post. Der Sachverständige Peter Paul sah aber keine gravierenden Mängel. (Foto: Angelika Bardehle)

Die Gemeinde Haar lässt den Brandschutz in öffentlichen Gebäuden überprüfen. Im Bürgerhaus und im Gasthof zur Post soll nachgebessert werden. Auch in den Schulzentren besteht Handlungsbedarf

Von Bernhard Lohr, Haar

Ihm geht ja nicht unbedingt der Ruf voraus, brutal mit seinen Zeitgenossen ins Gericht zu gehen. Sollte aber Bruder Jobst am Aschermittwoch die Lust überkommen, den Gemeinderäten mal so richtig die Leviten zu lesen; so dass er bei manchem der Anwesenden gar einen Fluchtreflex auslöst - dann könnte es Probleme geben. Denn die Fluchttür im Kleinen Saal des Haarer Bürgerhauses ist mit 95 Zentimetern Breite knapp bemessen. So knapp, dass es im Ernstfall tatsächlich Probleme geben könnte. Denn vorgeschrieben sind 1,20 Meter. Zwei Personen müssen nebeneinander gleichzeitig den Weg nach draußen nehmen können.

Dass kürzlich im Bauausschuss des Gemeinderats trotz des ernsten Themas genügend Raum blieb, um auch am Rande eine scherzhafte Bemerkung über die anstehende SPD-Veranstaltung mit Bruder Jobst zu machen, war vielsagend. Denn Brandschutz ist ein heikles Thema, das in vielen Rathäusern den Verantwortlichen den Schweiß auf die Stirn treibt, weil die Folgen eines Versäumnisses gewaltig sein können und weil in aller Regel hohe Kosten zu erwarten sind, wenn ein Fachmann ein in die Jahre gekommenes Gebäude inspiziert. Doch der Sachverständige Peter Paul, der sich zunächst einmal vom Stand des Brandschutzes im Bürgerhaus und im Gasthof Post ein Bild gemacht hatte, trug den Gemeinderäten zwar manch Überraschendes auf. Doch er blieb moderat in seiner Kritik. Die Brandschutztür würde er vorrangig angehen, riet er. Insgesamt hält er beim Bürgerhaus und beim Gasthof Investitionen von 90 000 Euro für nötig. Eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben sei aber nicht zu erkennen, wies er Befürchtungen zurück.

Die Erleichterung der Gemeinderäte, die sich wohl auch auf Schlimmeres eingestellt hatten, war mit den Händen zu greifen. Alexander Zill (SPD) sagte, er habe bei dem Thema unweigerlich den Unglücksfall von Schneizlreuth vor Augen. Dort kamen bei einem Brand in einer Unterkunft sechs Menschen ums Leben. Bei der gerichtlichen Aufarbeitung des Falls wurde dieser Tage auch die Verantwortung der Gemeinde als Genehmigungsbehörde thematisiert.

Tatsächlich aber gibt es einiges zu tun in Gasthof und Bürgerhaus. Konkreten, wenn auch nicht dringenden Handlungsbedarf sah Peter im Untergeschoss des Gasthofs, wo der Sachverständige zwischen Kegelbahn und Bar eine Brandschutzwand vermisst, die zwar in den Plänen vorgesehen gewesen sei, aber nie errichtet worden sei. Von einem im zweiten Stock befindlichen Fluchtbalkon am Gasthof müsste eine Leiter herabgeführt werden, wie Peter Paul monierte. Auch empfahl er als Statiker, die Traglast des Balkons zu prüfen. Die Brandmeldeanlage hält er für verbesserungsbedürftig und bei der Beschilderung im Haus müsste nachgebessert werden. Eine Brandschutzordnung wäre zu erstellen. Sollte das Rathaus beginnen, diese Dinge zu planen und die Absicht ins Auge zu fassen, diese Mängel mittelfristig zu beheben, wäre man rechtlich auf der sicheren Seite, sagte Peter Paul. Ein Zeitplan liegt nach Aussage des Bauamts bereits vor. Dieses Jahr sollen die Defizite behoben werden. Die Finanzierung sei 2016 gesichert, hieß es.

Die Gemeinde Haar ist festen Willens, auch bei anderen öffentlichen Gebäuden den Brandschutz zu optimieren. So inspizierte das Münchner Ingenieurbüro Paul & Kainz auch den Brandschutz in den beiden Schulzentren sowie im Hauptgebäude des Brandschutzzentrums. Klar ist, auch wenn noch nicht alle Untersuchungsergebnisse vorliegen: Auch dort muss die Gemeinde aktiv werden und Geld in die Hand nehmen. So steht im Raum, in das Schulzentrum St. Konrad, bestehend aus Grundschule inklusive Trakt der Volkshochschule, 105 000 Euro zu stecken. Bei der Mittelschule ist von 350 000 Euro die Rede und beim Schulzentrum am Jagdfeld samt Gymnasium und Grundschule geht es um eine Summe von knapp 100 000 Euro. Darüber, und über mögliche Brandschutzmängel ausgerechnet im Brandschutzzentrum an der Vockestraße, wurde weiter nicht diskutiert.

Am meisten verwunderte die Gemeinderäte, dass Ingenieur Peter Paul nach Einsicht in die Unterlagen aus dem Jahr 1987 die Genehmigung des Bürgerhauses als Versammlungsstätte vorsichtig in Frage stellte. Auch da wollte er nicht dramatisieren. Doch er habe nur kursorisch, textlich erwähnt gefunden, dass das Gebäude für Versammlungen genutzt werde. Ein Brandschutzkonzept, so wie es heute Standard sei, sei damals beim Bau des Bürgerhauses noch nicht erforderlich gewesen. Paul riet der Gemeinde, zur Sicherheit diese Dinge juristisch klären zu lassen.

© SZ vom 06.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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