Haar:Die Nase vorn

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Wer behindert wen? Am Rappenweg auf Münchner Flur ist unkontrolliert ein Gewerbegebiet entstanden. (Foto: Angelika Bardehle)

Haar diskutiert über einen Bebauungsplan für Gronsdorf Kolonie. Die Stadt München allerdings warnt davor, Fakten zu schaffen, die das Gewerbegebiet am Rappenweg beeinträchtigen könnten. Die Gemeindepolitiker sehen jedoch Wohnbebauung als vorrangig an

Von Bernhard Lohr, Haar

50 Jahre sind eine lange Zeit. Aber manchmal reichen auch die nicht aus, um eine gute Nachbarschaft entstehen zu lassen. Die Bewohner von Gronsdorf Kolonie in der Gemeinde Haar haben jedenfalls bis heute so ihre Probleme damit, was sich nur ein paar Meter weiter auf Münchner Stadtgebiet abspielt. Das dortige Gewerbegebiet am Rappenweg hat sich frei auf Flächen einer ehemaligen Deponie entwickelt. Viele der Werkstätten und Kleinbetriebe, in denen es bei Arbeiten natürlich auch mal laut wird, sind rechtlich nur geduldet. Wild schaut es dort aus; von geordneten Verhältnissen keine Spur.

Das soll sich ändern. Und zwar auf beiden Seiten der Stadt- und Gemeindegrenze, wenngleich mancher trotz vielfacher Beteuerungen nicht recht daran glauben mag, dass sich an der Anarchie, die sich die Stadt München an ihrem östlichen Stadtrand am Rappenweg noch leistet, bald etwas ändern wird. Bereits im Jahr 1991 hat der Stadtrat beschlossen, die Verhältnisse am Rappenweg mit einem Bebauungsplan zu klären. Doch die Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern ziehen sich im Grunde bis heute hin. Vor allem eine Eigentümerin legt sich quer und könnte sogar die geplante Erschließungsstraße verhindern, die nördlich der Bahn eine neue Verbindung zwischen Trudering mit Haar schaffen soll.

Über den konkreten Stand der Verhandlungen, in die sich zuletzt sogar Oberbürgermeister Dieter Reiter einschaltete, ist wenig zu erfahren. Dafür gibt es ein deutliches Signal aus dem Planungsreferat, dass man willens ist, die Angelegenheit am Rappenweg mit Hilfe eines Bebauungsplans in den Griff zu bekommen. Es ist so deutlich, dass in Haar sogar die Gemeinderäte zusammengezuckt sind, die ihrerseits gerade dabei sind, einen Bebauungsplan für große Teile von Gronsdorf Kolonie aufzustellen. Die Stadt warnte nun die Haarer davor, in ihrem Bebauungsplan für das "reine Wohngebiet" etwas festzulegen, was das Gewerbegebiet Rappenweg, für das man einen Bebauungsplan aufstellen wolle, zukünftig "in seinem Wirkungsbereich beeinträchtigen, stören oder behindern" könnte. Mancher Gemeinderat meinte, die Welt stehe Kopf. "Die Wohnbebauung wird ja gestört durch dieses Gewerbegebiet", sagte Paul Wieser (CSU). Jetzt solle es plötzlich anders sein. Alexander Zill (SPD) warnte, die Stadt begebe sich da auf "dünnes Eis". Haar werde darauf achten, dass sein Interesse gewahrt bleibe.

Mancher wunderte sich über den neuen Ton und darüber, dass die Stadt so klar ihre Absicht bekundete, einen Bebauungsplan für den Rappenweg aufzustellen. Immerhin stammt der Beschluss dazu bereits aus dem Jahr 1991. Haar hat sich erst vergangenes Jahr daran gemacht, mit Hilfe einer Bauleitplanung die Verdichtung in Gronsdorf Kolonie zu kanalisieren. Dabei sollen die Größe von Gebäuden und die Höhe von Zäunen begrenzt werden. Das Gewerbegebiet freilich spielt mit rein, wenn es um den Lärmschutz für das Wohngebiet geht. Aber an dem Punkt, sagte Haars Bauamtschef Josef Schartel, ändere sich im Grunde nichts. Einschlägige Grenzwerte gälten vorher wie nachher. Außerdem habe Haar mit seinem Bebauungsplan die Nase vorne. Wer zuerst komme, mahle zuerst.

© SZ vom 11.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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