Haar:Das Ganze im Blick

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Die Wasserburger Landstraße ist einer der Brennpunkte in der Gemeinde Haar. Doch es gibt noch weitere gefährliche Stellen. (Foto: Claus Schunk)

Eine Umfrage bei Haarer Bürgern soll die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer ergründen

Von Bernhard Lohr, Haar

Die einen ärgern sich über Staus, die andern über Raser. Und die Radfahrer haben wie in vielen anderen Gemeinden auch in Haar ihre Straßen und Kreuzungen, an denen sie sich fragen, wann die Gefahrenstelle mal behoben wird. So haben die Grünen erst vor kurzem einen Antrag gestellt, die Durchfahrt durch Gronsdorf für Radfahrer sicherer zu machen, indem am Rand der Bebauung ein Weg um die Gemeinde herum geschaffen wird.

Nun soll in Haar die Verkehrssituation einmal im Ganzen betrachtet werden. Der Ferienausschuss des Gemeinderats hat die Verwaltung beauftragt, eine umfassende Verkehrserhebung vorzubereiten. Ein "integriertes Konzept" soll folgen.

Bereits beschlossen war, eine Fahrradstudie anfertigen zu lassen. Dafür waren im Haushalt in diesem Jahr 15 000 Euro vorgesehen. Doch man merkte dann im Rathaus bald, dass das angesichts der vielen Brennpunkte, die es in der Gemeinde gerade auch beim Autoverkehr gibt, wohl zu kurz gesprungen wäre. Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) erinnerte nur an die jüngste Debatte über die Pläne der Nachbarn aus Vaterstetten, ein Baugebiet für etwa 2000 Einwohner auszuweisen. Die Kreuzung Vaterstettener Straße/B 471 dürfte damit an die Grenzen ihrer Belastbarkeit kommen. Womöglich müsste dort ein Kreisverkehr geschaffen werden. Möglicherweise können die Nachbarn aus Vaterstetten ja dazu gebracht werden, den Bau eines solchen Kreisels zu unterstützen. Aber es hakt auch noch ganz woanders. Müller sagt: "Wir haben mehrere Stellen, an denen es wichtig wäre, mal eine Verkehrsstudie für ganz Haar zu haben."

Zunächst sollen für diese Daten gesammelt werden. Die geplante Verkehrserhebung sieht unter anderem eine Haushaltsbefragung vor. Die Haarer sollen sich dazu äußern, wo und mit welchen Verkehrsmitteln sie unterwegs sind. Bauamtsleiter Josef Schartel sagte, der "motorisierte Individualverkehr" sei das große Problem. Er erläuterte, dass in einer Kommune der Größe Haars der Binnenverkehr eine maßgebliche Größe darstelle. Über einen sogenannten "Modal-Split" werde ermittelt, was für Verkehrsmittel die Haarer nutzten. Der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehr sei ein Index für die Fahrradfreundlichkeit einer Kommune. Mit solchen Daten an der Hand könnten dann auch bei einer erneuten Befragung später Vergleiche gezogen und Entwicklungen dargestellt werden.

Die CSU hat in jüngster Zeit wiederholt davor gewarnt, was für Folgen die Bevölkerungszunahme in Haar für den innerörtlichen Verkehr habe. Dennoch gab es auch Kritik zur Erstellung einer Verkehrserhebung. Gerlinde Stießberger (CSU) geht manches offenbar zu langsam. So beklagte sie, dass die heikle Situation an den Einmündungen in die B 304 bekannt sei und auch Planungen vorlägen. Wozu dann jetzt noch eine Befragung? Thomas Reichel (CSU) fragte, was für konkrete Erkenntnisse seien denn zu erwarten? Für welche Problemlagen rechne man mit "argumentativer Hilfe"? Bürgermeisterin Müller zeigte sich überrascht und sagte an Stießbergers Adresse, dass sie doch gefordert habe, wegen des zunehmenden Verkehrs an der Kreuzung B 471/B 304 (Wasserburger Straße) tätig zu werden.

Nach Schartels Auffassung sind die Daten jedenfalls die Grundlage, um überhaupt in Haar verkehrlich etwas voranzubringen. So werden an einem Stichtag in der Gemeinde an vielen Stellen Verkehrsbewegungen gezählt. Nur mit diesen Zahlen an der Hand, sagte er, könne ermessen werden, was für Folgen zum Beispiel eine neue Einbahnstraßen-Regelung für angrenzende Straßen habe. "Man kann sehr wohl Rückschlüsse ziehen", verteidigte er die Verkehrserhebung. Peter Ziegler (SPD) begrüßte die Zählung ausdrücklich und sagte, gerade für Radfahrer sollte sich etwas verbessern in Haar. Er erwarte sich auch eine "Bewusstseinsänderung". Viel zu oft würden kurze Strecken mit dem Auto zurückgelegt. Mike Seckinger (Grüne) empfahl, alle Mobilitätsformen bei der Erhebung zu berücksichtigen. Die Fußgänger sollten nicht vergessen werden.

So könne die Gemeinde darauf achten, vernünftige Wegebeziehungen in der Gemeinde zu schaffen. Traudl Vater (SPD) pochte darauf, auch den Öffentlichen Personennahverkehr zu betrachten. Das soll mit der Haushaltsbefragung geschehen. Der Frage, wie viele Haarer mit Bus und oder S-Bahn fahren, will man nicht extra nachgehen. Dank der regelmäßigen Fahrgasterhebungen des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) gebe es bereits Zahlen, sagte Müller. Die gegen Stießbergers Stimme beschlossene Verkehrserhebung soll etwa 50 000 Euro kosten. Auf deren Grundlage soll später nach Müllers Vorstellung das integriertes Verkehrskonzept erstellt werden. Das wurde aber noch nicht beschlossen.

© SZ vom 24.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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