Haar:Aussicht auf Zimmer

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Der Landtagsabgeordnete Andreas Lotte erklärt in Haar, wie die SPD mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen will

Von CATHRIN SCHMIEGEL, Haar

Bayern boomt. Allein in München und Umland leben derzeit knapp drei Millionen Menschen. Die Kehrseite des Aufschwungs: Es gibt zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Ein Problem, das die Politik seit Langem beschäftigt, auch die Opposition im Bayerischen Landtag. Wie die SPD der Wohnungsnot begegnen will, hat der Landtagsabgeordnete Andreas Lotte am Mittwoch im Bürgerhaus Haar dargestellt. Lotte, der in den Ausschüssen für Wirtschaft und für den öffentlichen Dienst sitzt, präsentierte mögliche Lösungskonzepte, die seine Partei der bayerischen Landesregierung vorgelegt hat.

Allein in Haar lägen der Verwaltung derzeit 250 Anfragen für bezahlbaren Wohnraum vor, betonte zunächst Peter König, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins. Nach dem Münchner Mietspiegel liege der Mietpreis in der Landeshauptstadt derzeit bei 10,37 Euro pro Quadratmeter für eine Wohnung mit dem Baujahr 2000 - neun Prozent mehr als noch vor vier Jahren. Andreas Lotte definierte zunächst seine Vorstellung von bezahlbarem Wohnen: 25 Prozent vom Einkommen solle die Miete im besten Falle betragen. Von der Realität ist das noch weit entfernt. Lotte zufolge zahlen viele Mieter 40 bis 50 Prozent ihres Einkommens. Geförderte Wohnungen gebe es ebenfalls zu wenige: Unter den 51 321 Wohnungen, die im Freistaat im letzten Jahr gebaut wurden, seien lediglich 1901 geförderte Mietwohnungen. 1800 davon entfielen auf den Raum München.

Lottes Lösung: "Konzeptioneller Wohnungsbau". Der Staat, erläuterte der Sozialdemokrat, vergibt das Grundstück dabei nicht an den Höchstbietenden, "sondern an denjenigen, der den politischen Notwendigkeiten am ehesten genügt". Der Kauf müsse an Auflagen geknüpft werden, Bauherren müssten Mietwohnungsbau, Bestandserhaltung und die Einhaltung des Mietspiegels garantieren. Das Konzept funktioniere bereits, etwa in Hamburg. Die Bestandserhaltung zumindest gibt es in Bayern seit 2014, sie ist im sogenannten "Umwandlungsverbot" festgelegt. Mietwohnungen dürfen demnach nicht in Eigentum verwandelt werden. Leider, beklagte Lotte, gebe es auch hier Wege, das Gesetz zu umgehen. Deshalb forderte er eine strengere Reglementierung.

Der Bedarf liegt in München bei 7500 bis 8000 Wohnungen im Jahr. Weil er immer weiter steigt, müssen laut Lotte viel mehr neue Wohnungen, vor allem Mietobjekte, gebaut werden. Mit der Agenda 2014 des bayerischen Innenministers Joachim Hermann (CSU) standen der Landesregierung mit Bundesmitteln 210 Millionen Euro für den Wohnungsbau zur Verfügung. 2014 wurden so immerhin 58 000 Baugenehmigungen erteilt. Das aber reicht nicht, sagt die SPD und fordert im Zuge eines Sonderinvestitionsprogrammes weitere 250 Millionen Euro, um über die Dauer von fünf Jahren den Miet- und den Geschosswohnungsbau voranzutreiben, der in Bayern unter dem Bundesdurchschnitt liege. "Das Sonderinvestitionsprogramm ist ein nachhaltiger Impuls, um den größten Problemen zu begegnen", sagte Lotte.

Er forderte jedoch mehr als nur Geld. "Der Staat muss sich aktiv am Bau beteiligen." Nur so könnten Mieten nachhaltig reguliert und Baupreise niedrig gehalten werden. Auch das aber sei kein Allheilmittel: "Nur durch Neubau sind die Probleme noch nicht gelöst." Für eine nachhaltige Entspannung der Wohnlage müsse auch an anderen Stellschrauben gedreht werden. So müsse etwa die Infrastruktur der Kommunen gefördert werden, damit mehr Leute aus München wegziehen. Um Wuchermieten und die Ausbeutung von Mietern zu verhindern, fordert die SPD außerdem ein "Wohnungsaufsichtsgesetz", das jedem mindestens zehn Quadratmeter Wohnraum sichert und Mindestanforderungen wie funktionierende Sanitäranlagen garantiert. Auch genossenschaftliches Wohnen müsse stärker gefördert werden.

Den letzten Vorstoß der Bundesregierung, um die angespannte Wohnsituation in Metropolen zu entspannen, gab es Anfang Juni, als die Mietpreisbremse gesetzlich verankert wurde. Die sei wichtig, sagte Lotte, habe aber einen Haken: Sie greife nur in Regionen, die sich selbst als angespanntes Ballungszentrum definieren. In Bayern sei das bislang noch nicht geschehen. Auch den Mietspiegel kritisierte Lotte. Der berücksichtige nur die vergangenen vier Jahre, und nur dann, wenn in dieser Zeit die Miete erhöht wurde. Die SPD will das ändern: "Auch die letzten zehn Jahre, selbst wenn die Miete nicht erhöht wurde, müssen in den Mietspiegel mit einfließen", sagte Lotte, damit dieser fair abgebildet werde. Wohnungsbauförderung ist seit der Föderalismusreform Sache der Länder und der Kommunen. In Haar versucht man mit dem Wohnraummangel auf eigene Weise zu begegnen: Bei großen Projekten müssen zehn Prozent Sozialwohnungen eingeplant werden.

© SZ vom 05.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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