Haar:Arbeit an den Schnittstellen

Lesezeit: 2 min

Die Arbeit mit Flüchtlingen gehört im Route 66 mittlerweile fest dazu; so wie damals schon, als sich eine Band in den Räumen zum Musizieren traf. (Foto: Claus Schunk)

Der Kreisjugendring braucht angesichts wachsender Aufgaben in Haar einen Koordinator

Von Bernhard Lohr, Haar

Wie es auch immer so passt und sich fügt. Zum Beispiel die Sache mit den Feel-Home-Häusern in Haar. Schon als erstmals in größerer Zahl Flüchtlinge in der Gemeinde ankamen, öffnete das wahrlich nicht zufällig als Jugendkulturzentrum betitelte Route 66 seine Türen. Junge Männer aus der Unterkunft in der VHS-Turnhalle gingen dort bald ein und aus, schlossen Bekanntschaften und gründeten in dem von der Gemeinde und dem Kreisjugendring (KJR) betriebenen Treff eine Band. Ehe sie sich versahen, hatten die Sozialarbeiter des Route 66 und darunter Stephanie Kühn eine neue Aufgabe und zusätzliche Arbeit am Hals. Die ist nicht weniger geworden. Die Flüchtlinge aus der VHS-Halle sind zwar weg. Doch jetzt stehen direkt am Route 66 die Feel-Home-Gebäude. 96 Flüchtlinge leben dort - und darunter auch viele Kinder und Jugendliche.

Natürlich war das alles kein Zufall. So wie es auch nicht von ungefähr kommt, dass die Gemeinde in jüngster Zeit mehr und mehr auf den KJR als Partner auf allen Feldern der Jugendarbeit gesetzt hat. Man hat es schätzen gelernt, einen Partner und Ansprechpartner zu haben. Der KJR führt den Jugendtreff Dino, macht Jugendsozialarbeit an den Schulen und stellt seit Herbst das pädagogische Personal an den gebundenen Ganztagsklassen beider Grundschulen. Im Herbst kommt die Schulsozialarbeit am Ernst-Mach-Gymnasium dazu. 21 Personen arbeiten in Haar für den KJR, 25 werden es bald sein. Für Stephanie Kühn am Route 66 wird das nun aber zum Problem.

Denn bisher füllte die Mitarbeiterin im Route 66 quasi nebenher eine Rolle aus, die mehr und mehr ihre Arbeitskraft bindet. Sie ist auch für den KJR Leiterin des Sozialraums Haar. Sie hat also die Personalführung unter sich. Sie führt Mitarbeitergespräche, erledigt Verwaltungsarbeit und versucht konzeptionell die Arbeit des KJR in der Gemeinde zu begleiten. Weil das alles nicht mehr zu schaffen ist, hatten die Gemeinderäte am Dienstagabend einen Antrag des KJR vor sich liegen, in dem dieser darum bat, eine zusätzliche Stelle für das Route 66 zu genehmigen und zu finanzieren. Stephanie Kühn solle sich auf die Sozialraumleitung konzentrieren können. Susanne Hehnen von der Abteilung Kitas & Soziale Einrichtungen im Rathaus riet im Gemeinderat dazu, ihr auch diesen "Freiraum" zu schaffen, um an den vielen Schnittstellen, die sich für den KJR bei der Sozialarbeit in den verschiedenen Einrichtungen ergäben, koordinierend wirken zu können. Doch durchwinken wollten das die Gemeinderäte nicht.

Den Knackpunkt beschrieb Mike Seckinger (Grüne), der am Jugendinstitut in München arbeitet und die Szene gut kennt. Eigentlich stehe bei Angelegenheiten auf der KJR-Leitungsebene - und um eine solche handle es sich hier im Sozialraum - der Landkreis in der Pflicht. Die Gemeinden seien Akteure auf der Ortsebene. Nun drohten, stillschweigend über die Aufteilung der Personalkosten, die Gewichte verschoben zu werden. Dietrich Keymer (CSU) beklagte, es könne eigentlich nicht sein, dass der KJR neue Aufgaben übernehme und dann merke, dass das zu viel sei. Dennoch: Die Notwendigkeit der Stelle sahen alle Gemeinderäte ein. Sie stimmten am Ende sämtlich zu. Kostenpunkt für die Gemeinde, die sich angesichts vieler anstehender Aufgaben nach Seckingers Meinung in einer finanziell durchaus schwierigen Lage befindet: 32 000 Euro.

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: