Grünwald:Virtuos von Kopf bis Fuß

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Entfaltet auf ihrer Querflöte eine warme Klangfarbenraffinesse: Die Französin Magali Mosnier. (Foto: Claus Schunk)

Die elegante Flötistin Magali Mosnier überzeugt in Grünwald mit ihrem Quartett

Von Udo Watter, Grünwald

Zur Primärtugend einer Flötistin gehört die elegante Beinarbeit eher nicht. Magali Mosnier ist freilich auch darin eine Meisterin. Die schlanken High-Heels der Soloflötistin des Orchestre Philharmonique de Radio France gleiten und tänzeln jedenfalls schon mal gerne in graziler Analogie zu den hohen strahlenden Kantilenen und arabesken Klangtupfern, die sie während des Vortrags von Mozarts fragmentarischem Flötenquartett C-Dur im August-Everding-Saal entfaltet. Das geschmeidige Hin- und Herbewegen, das wechselnde Überkreuzen der Beine mündet mitunter darin, dass ihr rechter Fuß einige Sekunden lang in der Luft steht - und so der klanglichen Anmut eines Augenblicks auch visuell Dauer verleiht.

Gleichwohl ist diese Beinarbeit im Sitzen nicht nur ästhetisches Beiwerk, sondern auch dem Umstand geschuldet, dass neben elementaren Techniken wie Mundstellung, Ansatz, Atmung oder Fingerfertigkeit die Balance aus Körperspannung und Biegsamkeit eine wesentliche Rolle bei der Beherrschung der Querflöte spielt. Mosnier, unter anderem Gewinnerin des ersten Preises beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD 2004 und Echo-Klassik-Preisträgerin präsentierte in Grünwald zusammen mit der japanischen Geigerin Ayako Tanaka, der französischen Bratschistin Lise Berthaud und dem Cellisten François Salque ein Programm mit Werken von Mozart, Beethoven, Schubert und Albert Roussel.

Ein Höhepunkt war sicher das 1929 komponierte Flötentrio ihres Landsmanns Roussel. Wenn es stimmt, dass die Muttersprache einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die Artikulation eines Flötisten hat, war die charmante Französin hier ohnehin im Vorteil. Begleitet von Berthau und Salque gelang eine spannungsvoll gestaltete, nuancierte und klangfarbenreiche Interpretation dieses neoklassizistischen Werks. Hier darf sich auch die Viola in kraftvoller Melancholie entfalten, das Cello ein dramatischere Note beisteuern, wobei das verspielte Wogen der Flöte allzu düstere Stimmungen vertreibt. Stimmig auch das Dialogisieren der Virtuosen. Der zweite Satz ist auch nicht wirklich heiter, trotz des eher idyllischen Charakters, den der warme Flötenklang eigentlich mit sich bringt, erinnern hier manche suggestiv-träumerische Passagen fast an symbolistische Fahrten zu Toteninseln. Das Rondo wird dagegen von tänzerische Flötenläufen und synkopischen Streicherakzente geprägt, kommt so kokett wie flott daher und mündet in ein temperamentvolles Finale.

Durchaus heiter geht es auch nach der Pause weiter, bei der Komposition seiner 1801 entstandenen Serenade für Flöte, Violine und Viola hat Beethoven weniger den typischen heroisch-dramatischen Gestus im Sinn, er hat vielmehr -damals noch Mozart beeinflusst - eine Menge humorvoll-er Ideen umgesetzt. Nach einem eher zähen Beginn gewinnt das sechssätzige Werk an Tempo und diverse Pointen am Ende der Sätze erheiterten hörbar auch Teile des kultiviert aufschmunzelnden Publikums. Ob der zweite Teil des Menuetts, die Variationen des vierten Satzes oder das effektvolle Presto-Finale - Beethoven hat hier nicht nur den Zeitgeist des damaligen Wiener Publikums getroffen, sondern dieses eher weniger bekannte Stück ist bei einer derart versierten Interpretation auch heute noch mehr als hörenswert. Mozarts Flötenquartett D-Dur KV 285 ist da schon bekannter: Nach dem virtuosen Kopfsatz in Sonatenform entfaltete Mosnier im Adagio fein nuancierte Kantilenen über dem Pizzicato der Streicher - ohne dass die Französin sich aufdringlich in den Vordergrund gespielt hätte, was sie an diesem Abend ohnehin nie tat. Dem Quartett, das generell sehr gut harmonierte, wenn auch Geige und Bratsche ab und an zurückhaltender hätten agieren können, gelingt das tänzerisches Rondo zum Abschluss ebenfalls noch mal mitreißend. Kräftiger Applaus des Publikums, ohne Beinarbeit.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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