Grünwalds Kämmerer:Millionen im Sparstrumpf

Lesezeit: 3 min

Raimund Bader ist seit 2003 Kämmerer im Grünwalder Rathaus. (Foto: Claus Schunk)

Als Kämmerer in Grünwald jongliert Raimund Bader mit großen Zahlen. Dass er trotzdem auf dem Boden bleibt, hat auch mit seiner Herkunft zu tun: Der heute 55-Jährige ist auf einem Bauernhof in Sauerlach aufgewachsen und hat seine Karriere im Rathaus als Lehrling begonnen.

Von Claudia Wessel, Grünwald

"Hände hoch, alles stehen und liegen lassen!" Mit diesen Worten taucht Raimund Bader einmal im Jahr in der Kasse im Grünwalder Rathaus auf. Das ist dann allerdings kein Überfall, sondern eine "unvermutete Kassenprüfung", wie sie eben einmal in zwölf Monaten vorgeschrieben ist. Bader, Kämmerer der Landkreis-Gemeinde mit der größten Finanzkraft, ist zwar der Herrscher über die Zahlen, aber er hat eben auch Humor, wie seine Schilderung dieser Routine beweist.

Raimund Bader, 55, ist quasi im Grünwalder Rathaus aufgewachsen. Schon im Alter von 16 Jahren absolvierte er zuerst die einjährige Ausbildung zum Verwaltungsangestellten, dann die zweijährige zum Verwaltungsfachwirt, beides im Finanzwesen. Dabei durchlief er alle Abteilungen dieses Bereichs, war lange im Steueramt und im Rechnungswesen. 2003 wurde er Kämmerer.

"Was man sät, kann man ernten"

Die Kämmerei in Grünwald zu führen, bedeutet mit Zahlen zu jonglieren wie 193,5 Millionen Euro im Verwaltungshaushalt, 61,15 Millionen im Vermögenshaushalt, Einnahmen wie 140 Millionen Gewerbesteuer und Ausgaben wie 106,5 Millionen Kreisumlage, alles aus dem Haushalt 2015. "Ich bin in kleineren Verhältnissen groß geworden", sagt Bader, der aus Sauerlach stammt, "in der Landwirtschaft." Daher habe er das Prinzip verinnerlicht: "Was man sät, kann man ernten."

Das meine er natürlich nicht nur im Finanziellen, sondern auch im Persönlichen. Sei man nett zu jemandem, könne man auch erwarten, nett behandelt zu werden. Aber davon abgesehen, gelte das Prinzip eben auch in Gelddingen. "Wir in Grünwald säen sehr viel", sagt Bader. Man investiere in soziale Projekte, "das sind nachhaltige Dinge", auch das sei ein Prinzip aus der Landwirtschaft. "Man darf nicht zu viele Bäume fällen, nur die, die wieder nachwachsen." Kinderbetreuung, Gymnasium, Geothermie, das alles seien solche nachwachsende Angelegenheiten, in denen sich also der Nutzen sozusagen multipliziere.

"Natürlich muss man es sich erst mal leisten können, dreistellige Millionenbeträge zu investieren", räumt Bader ein. Grünwald kann es sich leisten und daher ist Bader mit seinen Prinzipien hier gut aufgehoben. Auch dem, dass man nur soviel Geld ausgeben kann, wie man hat. Die berühmten Bauchschmerzen, die er kriegen würde, wäre es anders, bleiben ihm hier erspart. Selbst wenn die Kosten für ein Projekt unverhofft steigen, wie jüngst die für das Haus der Begegnung von 34 auf 39 Millionen Euro, befindet sich der Grünwalder Kämmerer "in der Komfortzone", wie er sagt: "Ich kann es aus den Rücklagen entnehmen."

Wie es sich mit den Gemeindefinanzen verhält, kann Bader ebenso gut erklären wie die Kassenprüfung. "Der Verwaltungshaushalt, das ist quasi wie bei einer Privatperson das laufende Konto." Das "Gehalt", das hier eingeht (übrigens nicht auf einem, sondern auf sechs Konten bei allen Grünwalder Banken), sind Steuern. Grünwald hat Glück: "Wir können mit den Einnahmen die laufenden Angelegenheiten finanzieren." Und nicht nur das: Es bleibt auch noch einiges für den Sparstrumpf, sagt Bader. Und das sei eben der Vermögenshaushalt. In diesen Sparstumpf kommt alles, was übrig bleibt, die sogenannte "freie Spitze". Bader zeigt auf das Zahlen-Sammelsurium der Jahresrechnung 2014, das er jüngst im Gemeinderat vorgestellt hat. 2 419 015,43 Euro waren im Vorjahr diese "freie Spitze". Wobei jede Ziffer, auch die nach dem Komma, wichtig ist.

Seit Baders Amtsantritt ist die Gemeinde schuldenfrei

"Hätten wir Kredite, müssten wir von diesem Betrag auch noch die Tilgungen abziehen." Aber Schulden hat Grünwald nicht, seit 2003. Genau seit dem Jahr, in dem Bader Kämmerer wurde. Zufall? Nein. "Das war eine meiner ersten größeren Amtshandlungen", sagt Bader, "Die Kredite liefen aus und wir hatten die Geldmittel, um sie am 1. Oktober 2003 abzulösen." Ein Mann, der erst mal Ordnung in die Finanzen brachte. Was sich bis heute erhalten hat. Überweisungen darf der Kämmerer übrigens so wie alle Abteilungsleiter im Haus nur bis zum Betrag von 1500 Euro selbst losschicken. Alle höheren Summen brauchen die Unterschrift des Bürgermeisters.

Die größte Einnahme in Grünwald sind die Gewerbesteuern. Rund 8000 Firmen sind in dem nur zirka 11 000 Einwohner zählenden Ort angesiedelt, sagt Bader. Diese Firmen müssen beim Finanzamt ihre Steuererklärung abgeben. Das Finanzamt ermittelt dann den Gewerbesteuermessbetrag jeder Firma, und den teilt es Grünwald mit. 8000 Briefe flattern somit vom Finanzamt ins Grünwalder Rathaus. In vielen stehe allerdings nur eine Null, so Bader, vor allem bei kleinen Firmen, in anderen dagegen Millionenbeträge. "Wir legen unseren Hebesatz an, nämlich 240 - übrigens einer der niedrigsten in ganz Bayern, der in München ist mit 490 doppelt so hoch."

An die hohen Summen gewöhnt man sich nicht

Gewöhnt man sich daran, immer mit solchen hohen Summen zu tun zu haben? Nein, sagt Bader. "Man ist schon nervös." Das bleibe einem. "Man ist sich seiner Verantwortung bewusst. Es ist ja das Geld des Steuerzahlers." Dass bei dem riesigen Zahlen-Apparat alles seine Richtigkeit hat, dafür sorgen übrigens noch weitere Instanzen. Eine externe Prüferin kommt einmal im Jahr, es gibt den örtlichen Prüfungsausschuss aus Gemeinderäten und alle vier Jahre schaut jemand vom Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband vorbei. "Hände hoch, alles stehen und liegen lassen", sagt aber bestimmt nur Raimund Bader.

© SZ vom 28.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: