Grünwald:Finesse und Witz

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Hochkarätiges musikalisches Dreiergespräch: Nils Mönkemeyer, Willian Youn und Sabine Meyer (v. l.) entfalten eine ausgewogene Klangschönheit. (Foto: Angelika Bardehle)

Klassik-Trio begeistert in Grünwald

Von Udo Watter, Grünwald

In seiner Abhandlung "Über naive und sentimentalische Dichtung" fand Friedrich Schiller einst eine schöne Formulierung für Wesen und Wirkung des Hochbegabten: "Mit dieser naiven Anmut drückt das Genie seine erhabensten und tiefsten Gedanken aus; es sind Göttersprüche aus dem Mund eines Kindes." Wer im August-Everding-Saal beim jüngsten "Grünwalder Konzert" der Sinfonie C-Dur KV 14 von Wolfgang Amadeus Mozart lauschte, der konnte analog dazu einem musikalischen Werk lauschen, das in der Tat aus der Feder eines Kindes floss: Mit gerade mal acht Jahren hat das damalige Wunderkind aus Salzburg dieses dreisätzige Werk komponiert, und darin steckte schon so viel Finesse und Witz, dass man als Zuhörer nur bass staunen kann. Dem Bratschisten Nils Mönkemeyer und dem Pianisten William Youn schien die Umsetzung dieses kindlich-genialischen Wurfs besonderen Spaß zu bereiten, ob in den grazil-pfiffigen oder auch weniger spannenden Passsagen. Sie agierten mit Verve und einer tänzerischen Art des Dialogisierens, der anzumerken war, dass die beiden sich schon länger kennen und schätzen. Mönkemeyer, dem mit seinen perfekt verstrubbelten Haaren und den schalkhaft blitzenden Augen ohnehin etwas Jungenhaftes innewohnt, entfaltete dabei auf der Bühne das kongenial phänotypische Charisma. Besonders hübsch das Glockenspiel-Trio des Menuetts, die verschmitzt-grazilen Pizzicato-Verführungen. Youn erwies sich freilich auch als idealer Duo-Partner für die Klarinettistin Sabine Meyer, ob in Mozarts Arie "Schon lacht der holde Frühling" oder in Schumanns Fantasiestücke für Klarinette und Klavier op. 73. Der Koreaner verlässt sich auf eine feine Anschlagstechnik und eine unaufdringlich-poetische Ausdruckskraft. Als begleitender oder auch dominierender Part widersteht er der Gefahr, den Steinway-Flügel unter den exzellenten akustischen Bedingungen im August-Everding-Saal zu klangmächtig in den Vordergrund zu rücken. Sabine Meyer, eine der international renommiertesten Klarinettistinnen, bewies nicht nur ihre virtuose Klasse und Phrasierungsintelligenz. Auch wenn ihr Charme ab und an spröde daherkommt, ist da nichts zu spüren von einem routiniertem Vortrag, sondern sie entfaltet einen leidenschaftlichen Ernst, der große Solisten ausmacht.

Gleiches gilt für Mönkemeyer, der international zu den gefragtesten Bratschisten gehört und als Exklusiv-Künstler bei Sony Classical jüngst mehrere Alben aufgenommen hat. Der gebürtige Bremer entbreitete in Schumanns "Märchenbildern" eine beeindruckende Palette an Ausdruckskraft, ergreifend, melancholisch, aber auch mit Temperament, dass man ihn in manchen Momenten fast den Titel "Teufelsbratschist" attestieren will. Im musikalischen Dreiergespräch überzeugten Meyer, Mönkemeyer und Youn ebenfalls, sowohl zu Beginn mit drei kurzen, teils verträumt-melodiösen Max-Bruch-Stücken als auch beim Finale mit Mozarts "Kegelstatt"-Trio, das bewegend gelang. Als Hörer fühlte man sich immer wieder eingebettet in eine wohlig-dunkle Klangfarbenwelt und genoss die ausgewogene Artikulation der Interpreten. Als Zugabe erklang dann noch mal ein munteres Mozart-Stück - das er einst als Neunjähriger schrieb.

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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