Grünwald:Ein Altbürgermeister als Buchbinder Wanninger

Lesezeit: 3 min

Das Grünwalder Faschingstheater besteht aus Prominenten und Gemeinderäten. Sie proben fleißig für die Aufführung am Rosenmontag

Von Claudia Wessel, Grünwald

"Nein", sagt Moni Fried nach dem Essen, "damit bin ich noch nicht zufrieden." Dabei hat sie sich doch wirklich ins Zeug gelegt und ihrem Mann dabei ganz schön zugesetzt mit ihren absurden Äußerungen über die Fastenkur, die sie in diesem Moment beginnen möchte, aber dann auch doch wieder nicht, denn man darf ja das Essen nicht verkommen lassen. Dass der Gatte, gespielt von Dieter Aulenbacher, diese merkwürdige Diät-Taktik nicht versteht, ist natürlich seine Schuld.

Es ist Mittwochabend im Festsaal des Bürgerhauses Römerschanz in Grünwald. Auf der Bühne liegt allerlei Zeugs, als Peter Schipfer als Erster um 18 Uhr den Raum betritt. Etwa ein Schild, auf dem steht "Spiegelsaal" und ein Ring mit langen Goldfäden dran. "Das muss wohl zum Bürgerball gehören, der ist noch vor uns dran", sagt Schipfer. Die Schauspieler, die am "Faschingstheater am Rosenmontag" beteiligt sind, haben noch bis zum 8. Februar Zeit. Um 19.30 Uhr treten sie dann in dieser Saison zum ersten Mal auf, wiederholt wird der Auftritt beim Josefi-Anstich am 18. März.

Es ist eine kurze Saison und Rainer Fischer, Apotheker im Ruhestand und seit 13 Jahren Regisseur des Faschingstheaters der Vereinigung der Freunde Grünwalds, wirkt ein bisschen angespannt, als er hereinkommt. Er heftet eine Uhr aus Papier an einen Vorhang, stellt Stühle und Pappwände auf, legt einige Schilder ab, auf denen etwa in großen Lettern steht: "Beim Abendessen" und "Beim Kaffee in der Frua", außerdem einen Korb mit einem Kaffeeservice und ein paar Dingen zum Essen, weiterhin einen Telefonapparat. Er beschafft nicht nur Requisiten, sondern baut auch die Kulissen selbst.

Bevor es heute losgeht mit der Probe, muss noch einiges improvisiert werden, denn an diesem Mittwoch darf man zum ersten Mal auf der richtigen Bühne üben. Da gibt es aber noch kein Licht, zumindest nicht so, wie es sein sollte. Weil aber die meisten der Amateur-Schauspieler ihre Texte noch ablesen müssen, wird daher eine Szene in eine hintere Ecke der Bühne verlagert, für eine andere wird eine Lampe zur Hilfe geholt. Rainer Fischer sitzt im Zuschauerraum auf einem Stuhl und schaut gespannt zu, was ihm seine Schauspieler bieten.

Damit alle nur so lange wie nötig bleiben müssen, werden sie jeweils nur zu der Szene bestellt, in der sie mitspielen. Der ehemalige Wiesnwirt Richard Süßmeier ist gleich am Anfang dran. Er ist abgesehen von weiteren Nebenrollen der "Billige Jakob" in dem gleichnamigen Stück von Karl Valentin. Seinen Text hat sich Süßmeier handschriftlich auf mehreren Blättern aufgeschrieben. "In der Hoffnung, dass ich mir beim Abschreiben schon einiges merke", sagt er mit einem neckischen Augenzwinkern, wie es seine Art ist. Doch heute muss er noch alles ablesen. "Ich kann mir Dinge merken, aber eher für kurze Zeit", sagt Süßmeier. Daher werde er seinen Text am Sonntag vor dem Auftritt richtig auswendig lernen. "Das hält dann bis Montag!"

Schon ziemlich gut gelernt hat dagegen der PBG-Gemeinderat und ehemalige Bürgermeister Hubertus Lindner, der zum einen den Buchbinder Wanninger spielt, eine Rolle, die er mit seiner lauten Stimme wunderbar ausfüllt, vor allem beim abschließenden genüsslichen "Saubande, dreckerte". Zum anderen ist er in dem Polt-Sketch "Vor Gericht" der Angeklagte, wo er sich heftig rechtfertigen muss vor dem strengen Richter, dargestellt von Johann Häusler, dem Vorsitzenden des Trachtenvereins. Auch SPD-Gemeinderätin Edith Wassermann ist schon beeindruckend textsicher, obwohl sie noch ihr Blatt Papier in der Hand hält. Doch drauf schauen muss sie kaum noch, das geht auch eigentlich gar nicht bei der Aufregung, die sie rüberbringt als verzweifelte Dame, die zum Amt für Wasserwirtschaft will. Der Herr am Empfang aber, perfekt-aalglatt gespielt von CSU-Gemeinderat Thomas Lindbüchl ("Ohne meinen Zettel geht gar nichts"), teilt ihr mit, es sei nun gerade "gleitende Mittagszeit" und deshalb keiner da.

Es wird viel zum Lachen geben bei der Aufführung, so viel steht fest. Auch bei den Proben muss so manches Mal eine Lach-Pause eingelegt werden, etwa als Gatte Aulenbacher zu Moni Fried sagt: "Was hast'n du da am Mund?" Da prusten sie beide los. Aber heute dürfen sie das auch noch. Ist ja nur Probe.

© SZ vom 01.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: