Grünwald:Charmante Virtuosen

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Xavier de Maistre begann mit neun Jahren aus Liebe zu seiner Lehrerin mit dem Harfenspiel . (Foto: Jean-Baptiste Millot)

Aufregende Gäste bei Grünwalder Konzerten

Von Udo Watter, Grünwald

Ob das Klischee der Franzosen als galante Liebhaber und unwiderstehliche Charmeure immer gerechtfertigt ist, mag dahingestellt sein, man denke nur an ehemalige Präsidenten wie Nicolas Sarkozy und François Hollande. Doch für manch besonders romantische Episode ist das Land, das die deutsche Sprache mit Begriffen wie "Rendezvous", "Tête-à-Tête", "Negligé" oder "Dessous" bereichert hat, schon noch gut - besonders rührend etwa die des aktuellen Präsidenten Emmanuel Macron, der sich als Jugendlicher in seine 24 Jahre ältere Lehrerin Brigitte verliebte und sie später heiratete. Auch Xavier de Maistre, einer der besten Harfenisten der Welt, hatte schon früh ein romantisches Erweckungserlebnis: Er hat das Instrument zu spielen begonnen, weil er sich als Neunjähriger in seine Harfenlehrerin verliebte. Heute gilt der in Toulon geborene Franzose vor allem deswegen als Großer seines Fachs, weil er die Harfe über den charakteristischen zauberisch-leisen Klangkosmos hinaus etabliert und dem Instrument neue Spielräume geschaffen hat.

Der 43-jährige Echo-Klassik-Preisträger wird im März als Teil eines virtuosen Trios im August-Everding-Saal gastieren. Sein Auftritt mit der Violinistin Baiba Skride und dem Cellisten Daniel Müller-Schott verspricht ein Höhepunkt der Grünwalder Konzerte 2018 zu werden, erklingen werden Werke französischer Komponisten wie Fauré oder Ravel. "Er ist ein großartiger, charmanter Künstler. Und ich wollte ein Kammermusikprojekt mit Harfe", erklärt Grünwalds Kulturreferentin Regine Müller. Das Programmheft der erlesenen Reihe ist jetzt erschienen, und es versammelt wieder zahlreiche hochkarätige Künstler. Den Auftakt macht am 23. Januar das Meccore String Quartet aus Polen. Das 2007 gegründete Ensemble gehört zu den aufregendsten seiner Generation und ist gerade dabei, sich in die Beletage der internationalen Streichquartette vorzuspielen.

Dem Quartett folgt im Februar der große französische Pianist Pierre-Laurent Aimard, der nicht nur ein vielfältiges Repertoire beherrscht, sondern auch intensiv mit prominenten zeitgenössischen Komponisten wie György Ligeti oder Olivier Messiaen zusammenarbeitete. 2017 erhielt er den Ernst-von-Siemens-Musikpreis, der zu den weltweit bedeutendsten in der Klassik-Szene zählt. "Dies Auszeichnung ist hochkarätig", sagt Müller. In Grünwald wird der pianistische Grandseigneur unter anderem Werke von Prokofjew, Scrjabin und Beethoven (Sonate für Hammerklavier) spielen.

Großartige klassische Musiker gibt es auch hierzulande, manche, die in der kommenden Spielzeit in Grünwald auftreten, kann man sogar als lokale Helden bezeichnen: Die Geigerin Carolin Widmann und ihr Bruder Jörg Widmann, Klarinettist und Komponist, sind beide in Unterhaching aufgewachsen, aber längst international gefeierte Musiker. Sie treten indes nicht zusammen auf, sondern werden in Kooperation mit anderen namhaften Protagonisten die für Kammermusik exzellente Akustik im August-Everding-Saal nutzen. Carolin Widmann spielt mit Martin Helmchen (Klavier), David Mccarroll (Violine), Pauline Sachse (Viola) und Marie-Elisabeth Hecker (Cello) im April Klavierquintette von Schumann und Elgar. Jörg Widmann, dessen Oratorium "Arche" im Januar 2017 in der Hamburger Elbphilharmonie uraufgeführt wurde, konzertiert im September zusammen mit der großen Bratschistin Tabea Zimmermann und Dénes Várjon (Klavier) - neben Werken von Mozart und Schumann erklingen auch Eigenkomposition des gebürtigen Münchners. "Er komponiert Werke, die nicht nur einem Spezialistenpublikum gefallen", erklärt Müller.

Ein Stück Widmanns steht auch auf dem Programm im Juni beim Konzert des Signum-Quartetts mit Daniel Ottensamer, dazu kommen Kompositionen Mozarts. Ottensamer kommt aus einer Wiener Familie mit berühmten Klarinettisten, sein Vater Ernst spielte bei den Wiener Philharmonikern, Bruder Andreas ist Soloklarinettist bei den Berliner Philharmonikern, er erregte zudem Aufmerksamkeit als Unterwäsche-Model. Weitere arrivierte Künstler, die 2018 in Grünwald spielen werden, sind der Grammy-prämierte Geiger Augustin Hadelich oder Lorenz Nasturica-Hershcowici (Violine), der mit Musikern der Münchner Philharmoniker und des Mariinsky Stradivarius auftritt, sowie die Bratschistin Lise Berthaud - kein Dessous-Model, wohl aber eine charmante Französin.

© SZ vom 30.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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