Geldpolitik:Eine Bank verärgert ihre Eigentümer

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Kommunen müssen für Einlagen ab einer bestimmten Höhe Strafzinsen bezahlen. (Foto: Jens Kalaene/dpa)

Die Kreissparkasse München-Starnberg-Ebersberg gehört den Kommunen. Doch diese müssen nun für Einlagen Strafzinsen zahlen. Einige wollen ihr Geld woanders anlegen.

Von Bernhard Lohr, Landkreis

Sparkassen leben von der Verheißung, die besseren Banken zu sein. Sie sind wie die Kreissparkasse München-Starnberg-Ebersberg keine anonymen Institute, die von Vorständen geführt werden, die einsame Entscheidungen in Glastürmen treffen. "Ihre Sparkasse vor Ort. Gut für die Region" - so lautet ein Slogan, der das Selbstverständnis der Bank widerspiegelt. Wenn die Bank Profit macht, dann profitieren alle, über Spenden, Sponsoring und die Sparkassen-Stiftung. Dieses Bild hat Kratzer bekommen, seit die Sparkasse die Kommunen mit Negativzinsen zur Kasse bittet, als wäre dies ein ganz normales Geschäft - und die Kommunen Kunden wie andere auch.

Das sind sie tatsächlich nicht, bei der Bank, die laut Satzung als "kommunales Wirtschaftsunternehmen" ausgewiesen ist. Dessen Träger ist der Sparkassen-Zweckverband, dem als Mitglieder die Landkreise München, Ebersberg und Starnberg sowie die Gemeinde Gauting angehören. Die Kommunen sind somit mittelbar Eigentümer der Kreissparkasse, was in der Besetzung des Verwaltungsausschusses zum Ausdruck kommt, in dem Ende März turnusgemäß der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU) den Vorsitz an den Münchner Kollegen Christoph Göbel (CSU) abgibt.

Wenn's ums Geld geht, nimmt die Kreissparkasse München-Starnberg-Ebersberg keine Rücksicht auf ihre Eigentümer, die Kommunen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bürgermeister wie Stefan Schelle (CSU) aus Oberhaching üben mit Kreis- und Gemeinderäten die Aufsicht über die Arbeit des dreiköpfigen Bankvorstands aus, der kürzlich beschloss, bei den Kommunen für ihre Bankeinlagen ein sogenanntes Verwahrentgelt zu erheben. Die Verwaltungsräte, also die Vertreter der Eigentümer, wurden vorher nicht gefragt.

Immerhin traf es Robert Niedergesäß als Verwaltungsratsvorsitzenden nicht völlig unerwartet. Bei der Klausurtagung des Vorstands mit dem Verwaltungsrat im Oktober vergangenen Jahres sei darüber gesprochen worden, dass aufgrund der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank ein solcher Schritt kommen werde, sagt er. Als dann aber Anfang des Jahres verkündet wurde, dass vom 1. Februar an Kommunen so wie Neukunden und Bestandskunden, die große Summen bei der Kreissparkasse neu anlegen wollten, ein sogenanntes Verwahrentgelt zu entrichten hätten, war der oberste Bankaufseher doch überrascht. "Die Umsetzung kam dann in der Tat sehr schnell", sagt Niedergesäß und findet: Die Kommunikation hätte besser laufen können.

Denn es war schon ein Grummeln zu vernehmen, auch wenn sich die Rathäuser in dieser heiklen Frage einen offenen Protest verkniffen. Man müsse dann eben Geld umschichten, hieß es überwiegend. Alleine Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) sprach angesichts der besonderen Verbindung von Kommunen und Bank schon früh von einem unfreundlichen Akt. Und sie steht weiter dazu. "Man hätte die Gemeinden anders behandeln sollen. Ich hätte schon gedacht, dass mehr Solidarität da ist", sagt sie.

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Die Zinsentscheidung ihres Vorstands arbeiteten die Verwaltungsräte Mitte März in einer Sitzung nachträglich auf. Dabei gab es auch Kritik. Verwaltungsrätin Annette Ganssmüller-Maluche (SPD) sagt, sie verstehe die Zwänge. Dennoch hätte sie gerne vorab über den Zinsschritt diskutiert. Vielleicht hätte man die Kommunen im Einzugsbereich der Bank schonen können.

Verwaltungsrat Christoph Nadler (Grüne) nennt es schon einen "skurrilen" Vorgang, den mittelbaren Eigentümer zur Kasse zu bitten. "Natürlich ist es ärgerlich." Aber zugleich äußert er Verständnis dafür, dass Kommunen auf Guthaben jenseits eines Freibetrags ein Verwahrentgelt in Höhe von 0,4 Prozent bezahlen. Er schätze die Rolle der Sparkasse für den hiesigen Mittelstand und die Kommunen, sagt Nadler. Sie müsse in schwierigen Zeiten auf ihre Bilanz achten, sagt der Grüne und studierte Betriebswirt. Auch Verwaltungsratschef Niedergesäß sagt: "Wir haben auch eine Verantwortung, dass es der Kreissparkasse gut geht." Dem Vernehmen nach sah sich die Kreissparkasse München-Starnberg-Ebersberg auch zum Handeln gezwungen, weil Kunden größere Summen von Banken, die bereits Negativzinsen erhoben, auf ihre Konten transferierten.

Dass die Kreissparkasse in einem veränderten Geschäftsumfeld agiert, bekommt Unterföhrings Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (PWU) täglich vor Augen geführt. Die Sparkassen-Filiale im Rathaus hat mittlerweile ihre Öffnungszeiten eingeschränkt und ist nur noch nachmittags besetzt. Der Geschäftsstellenleiter hat auch die Filiale in Ismaning unter sich. Kemmelmeyer registriert die Veränderungen, die jetzt auch direkt die Kommunen treffen; und gerade auch eine wohlhabende Gemeinde wie Unterföhring. "Wir sind nicht begeistert - offiziell sogar verärgert", sagt Kemmelmeyer, "aber ich werde es nicht ändern können".

Unnötige Zahlungen vermeiden

Er versuche jetzt, jegliche unnötige Zahlung zu vermeiden und unter dem Freibetrag zu bleiben. Je nach Zahlungseingang setze man sich "sehr kurzfristig zusammen". Dann entscheide er mit dem Kämmerer, wo das Geld angelegt werde. Das mache das "sehr dicht getaktete Tagesgeschäft" nicht einfacher. Laut Gemeindeordnung sind die Rathäuser verpflichtet, auf "angemessenen Ertrag und ausreichende Sicherheit" bei Einlagen zu achten.

Ob größere Summen umgeschichtet wurden oder Konten bei anderen Banken aufgemacht hat, dazu sagt der Bürgermeister nichts. Tatsächlich ist es auch nicht so leicht, eine andere Bank zu finden. Viele Banken verlangen mittlerweile Negativzinsen. Wenn Kämmerer bei Banken anfragen, werden sie dem Vernehmen nach durch die Blume gewarnt, dass größere Umbuchungen Kosten zur Folge haben könnten. Haars Bürgermeisterin Müller scheut sich dennoch nicht, wo es möglich ist, der Sparkasse den Rücken zu kehren: "Wir haben nichts herzuschenken."

© SZ vom 27.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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