Garching:Empfehlungen und gute Vorsätze

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Der Aktionsplan zur UN-Behindertenrechtskonvention steht. Jetzt geht es an die Umsetzung

Von Johanna Mayerhofer, Garching

Der erste Schritt auf einem langen Weg ist gemacht: 238 Seiten fasst der Aktionsplan des Landkreises München zur Umsetzung der 2008 in Kraft getretenen UN-Behindertenrechtskonvention. "Es war ein anstrengender und schwieriger Weg", resümiert Aleksandar Dordevic den einjährigen Planungsprozess. Der Behindertenbeauftragte des Landkreises ist stolz auf den "harten Kern" an Menschen, die sich während der langen Planungsphase mit ihren Ideen und Vorschlägen eingebracht haben und den Inklusionsgedanken vorantreiben wollen. Nach dem Startschuss bei einer Auftaktveranstaltung in Ottobrunn im vergangenen Juli haben innerhalb eines Jahres rund 300 Beteiligte in mehr als 29 Workshops 140 Maßnahmen und Empfehlungen erarbeitet. Viele der Mitwirkenden haben am Samstag den Weg ins Garchinger Bürgerhaus gefunden. Bei einer Abschlusskonferenz stellte das Landratsamt den Maßnahmenkatalog vor.

Knapp 31 000 Menschen im Landkreis München leben mit einer Behinderung. Der auf sie zugeschnittene Aktionsplan soll Erschwernisse bei der Nutzung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, der Suche nach barrierefreiem Wohnraum und einer Arbeitsstelle oder dem gleichberechtigten Zugang zu Sport- und Kulturangeboten aufheben. Bei der Ausarbeitung des Aktionsplans, der den Behindertenhilfeplan des Landkreises München von 1999 ablöst, baute die für die Konzeption zuständige Steuerungsgruppe, bestehend aus Landratsamtsmitarbeitern, vor allem auf einen beteiligungsorientierten Prozess: Menschen mit Behinderung, deren Angehörige, Vertreter aus Politik, der Verwaltung, Sozialverbände und auch interessierte Landkreisbürger wurden eingebunden. "Das war für uns alle neu, ein Experiment", sagt Aleksandar Dordevic. In Arbeitsgruppen und Workshops wurde gemeinsam diskutiert. Außerdem wurden mehr als 1000 Betroffene, ihre Angehörigen und die 29 Kommunen im Landkreis befragt. Die Ergebnisse wurden in dem Maßnahmenkatalog zusammengefasst. Eine frühzeitige Einbindung des Behindertenbeirates für eine barrierefreie Planung bei Bauvorhaben des Landkreises und der Kommunen, die Einrichtung von Behindertenbeiräten mit Antragsrecht oder die Bereitstellung von barrierefreien Haltestellen für Bahnen, Busse und Taxen - das sind Beispiele für die Ziele, die darin aufgeführt sind.

Am Ende der 238 Seiten sind die Akteure aufgeführt, die für die Umsetzung der Maßnahmen zuständig sind: Neben den künftigen Aufgaben des Landkreises richten sich die Handlungsvorschläge etwa im Bereich Schule an das Kultusministerium oder im Bereich Wohnen an den Bezirk Oberbayern. "Bisher handelt es sich bei dem Plan lediglich um einen Entwurfsplan", betont Michael John, "es sind noch Rückmeldungen möglich."

Nach der Vorstellung des Aktionsplans nutzten die Anwesenden in Garching deshalb die Gelegenheit und sammeln in Diskussionsgruppen weitere Anregungen und Verbesserungen zu den einzelnen Inklusionsmaßnahmen. "Wir nehmen den Plan sehr ernst, er wird nicht in Aktenordnern verschwinden, sondern mit Leben gefüllt", versicherte Landrat Christoph Göbel (CSU) den Mitwirkenden auf der Abschlusskonferenz. Im Herbst dieses Jahres wird die Entwurfsfassung in den Kreisgremien diskutiert und verabschiedet. Ende des Jahres soll die endgültige Version beschlossen werden.

Aleksandar Dordevic zeigt sich zuversichtlich hinsichtlich der Umsetzung der Maßnahmen: "Ich bin guter Dinge, dass unser Landrat das Ganze vorantreiben wird." Die damit verbundenen Kosten oder gesetzliche Änderungen können die Umsetzung jedoch zeitlich verzögern. Besonders wichtig sieht Dordevic die rasche Umsetzung der Forderung nach einer lückenlosen Einrichtung von Behindertenbeiräten mit Antragsrecht und die Einstellung von Behindertenbeauftragten auf kommunaler Ebene. Als Behindertenbeauftragter des Landkreises habe er bei 29 Gemeinden oft zu wenig Einblick in die Probleme und Anliegen der Menschen mit Behinderung am Ort. Der Landratsamtsmitarbeiter hofft auf das Engagement der Gemeinden: "Wir können als Landkreis nur Empfehlungen geben, die Kommunen haben immer noch ihr Selbstverwaltungsrecht", sagt Dordevic.

© SZ vom 27.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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