Jugend forscht:Heuschrecken auf dem Teufelsrad

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Dominik Doll will seine Formicarien künftig über eine eigene App steuern. (Foto: Claus Schunk)

Beim Regionalwettbewerb in Ottobrunn präsentieren die Teilnehmer innovative Ideen rund um das Thema Nachhaltigkeit. Gewinner Dominik Doll vermarktet seine Ameisenhäuser sogar auf Youtube.

Von Sophie Kobel, Ottobrunn

Der 15-jährige Dominik Doll vom Lise-Meitner-Gymnasium Unterhaching hat eine Mission. Er will das perfekte Ameisen-Nest bauen. Wie bei den anderen hundert Teilnehmern des Regionalwettbewerbs "Jugend forscht - Schüler experimentieren" München-Süd auf dem Airbus-Gelände in Ottobrunn sind die Wände seines Stands voll mit Postern. 30 Ameisenkolonien hat er daheim, dazu Schnecken und Mehlwürmer. "Aber meine Ameisen waren nicht glücklich, sie haben nicht unter idealen Bedingungen gelebt", sagt Dominik.

Die Wärmematten seiner Formicarien - der Ameisenhäuser - waren nur auf 28 Grad einstellbar und nicht einheitlich für verschiedene Ameisenarten tauglich. Das von ihm entworfene Nest-Modell aus dem 3D-Drucker der Technischen Universität München dagegen hat eingebaute Sensoren. Aus 63 verschiedenen Ameisen-Arten kann man in dem digitalen Menü auswählen. "Jetzt stelle ich es zum Beispiel auf ,Camponotus nicobarensis', und das Nest wird automatisch auf 28,4 Grad und 51,3 Prozent Luftfeuchtigkeit eingestellt", sagt Dominik. "Bald kann ich das hoffentlich über die von mir entwickelte App steuern." Der Youtube-Ameisenzüchter-Markt boomt, auch Dominik lädt regelmäßig Anleitungen und Tipps hoch.

Patrick Metscher glänzt bei "Jugend forscht" mit seinen Leichtbaukörpern. (Foto: Claus Schunk)

Eine weniger emotionale, sehr forschungsbezogene Beziehung zu Tieren hat Franziska Raimer, 17, ebenfalls vom Lise-Meitner Gymnasium. Sie suchte für ihre Seminararbeit ein Material, an dem Stabheuschrecken keinen Halt finden. Die Tiere gelten als absolute "Haftungskünstler" in der Insektenwelt, an Wänden hinauf oder kopfüber zu laufen, ist für sie kein Problem. Würde man ein Oberfläche finden, an denen sie es nicht schaffen hochzuklettern, könnte man Insekten besser von Hochbeeten ferngehalten. So Franziskas Idee. Um verschiedene Materialen zu testen, setzte sie die Stabheuschrecken einer Freundin auf eine sich drehende CD, eine Zentrifuge also. Sie lacht. "Es funktioniert eigentlich ein bisschen wie das Teufelsrad auf der Wiesn."

Martha und Benedikt Kaeser testen mit Schall. (Foto: Claus Schunk)

Die Teilnehmer sind teilweise erst zwölf Jahre alt

Die Oberfläche der CD wird für Testversuche mit unterschiedlichen Materialien belegt: Papier, Laubblätter, Kerzenwachs, Nagellack, Alufolie, Schmirgelpapier. Die Zentrifuge dreht sich bis zu 700 Mal in der Minute. Franziskas Fazit: "Ich habe kein eindeutig haftungsverringerndes Material gefunden, die Insekten halten sich bis zu einer gewissen Drehzahl mal mehr, mal weniger aber durchaus konstant auf allen Oberflächen." Zukünftig möchte sie ihre Forschung darauf konzentrieren, wie genau diese extreme Oberflächenhaftung funktioniert und was man von Stabheuschrecken lernen kann.

Sich an der Natur orientieren, Nachhaltigkeit fördern. Viele der etwa 60 Arbeiten stehen unter einem grünen Motto. Cosima Philine Hansen, 12, und ihr Partner Wolfgang Trier, 13, vom Gymnasium Grünwald haben Luftfilter aus Kokosnussschalen gebastelt, 100 Prozent abbaubar. "Die könnte man auch in Peking gegen den Smog verwenden", sagt Cosima.

Gerade erklären sie einem der Juroren ihr Projekt. Die Preisrichter bestehen aus Mathematikern, Ingenieuren, Biologen, Professoren und Doktoranden der LMU und TU München und Gymnasial-Lehrern. Unterschätzt werden die teilweise erst zwölfjährigen Teilnehmer selten.

Daniel Diessner vom Gymnasium Höhenkirchen-Siegertsbrunn rückt seine Brille zurecht. Er hat ein Widder-Kraftwerk-Modell gebaut. Durch seine erweiterte Pumpe könnte ein normales Wasserkraftwerk einen höheren Wirkungsgrad erreichen und mehr Strom erzeugen und so "dauerhaft gesehen hoffentlich schädliche Kraftwerke ersetzen".

Eine Tischreihe weiter tüfteln Schülerinnen des Gymnasiums Kirchheim. Auf ihrem Tisch stehen Essig, Salz, Kartoffelmehl und Wasser, daraus haben sie Stärkekleber angerührt. Das Besondere daran: Die Emulsion ist kinderfreundlich und biologisch abbaubar. Auch das Marketing sitzt: Johanna Ertl, 13, Foteini Kiki, 15, und Hanna Wößmann, 13, produzieren ihren Kleber in naturbelassenen Farben - von Dunkelblau über Orange bis Pink.

Langsam werden die drei und ihre Standnachbarn nervös, am Nachmittag steht die Preisverleihung an. In den Landeswettbewerb schafft es nur, wer auf Platz eins steht in seiner Kategorie: Arbeitswelt, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissenschaften, Mathematik/Informatik, Physik und Technik. Dominik Dolls "Doim Sublime" ist Gewinner in der Kategorie Biologie. Für ihn und acht weitere Erstplatzierte geht es im April zum Landeswettbewerb. Mit seinen Ameisen.

© SZ vom 26.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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