Baierbrunn:Waldorf-Kindergarten nimmt Gestalt an

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Ein Holzfertighaus für Krippen- und Kindergartenkinder entsteht in Buchenhain. Die Gemeinde hat das Grundstück auf Erbpacht zur Verfügung gestellt. (Foto: Claus Schunk)

Der Rohbau des Holzhauses an der Forststraße in Buchenhain steht, der Trägerverein rechnet mit einem Umzug Mitte November. Nicht alle neuen Nachbarn freuen sich darüber

Von Konstantin Kaip, Baierbrunn

Christian Westermann ist zufrieden: Die Grundsteinlegung für den Neubau des Baierbrunner Waldorfkindergartens ist gerade einmal einen Monat her, nun steht bereits der komplette Rohbau des zweistöckigen Gebäudes an der Forststraße 1a im Ortsteil Buchenhain. Das Fertighaus aus Holz wurde aus 17 Meter langen Einzelteilen zusammengesetzt, dann wurde das Dach errichtet und gedeckt. Nun geht es an den Innenausbau, der mit seinen Installations- und Elektroarbeiten erfahrungsgemäß deutlich langwieriger ist, wie der Vorsitzende des Trägervereins erklärt. Doch Westermann ist zuversichtlich, dass auch hier alles nach Plan ablaufen wird. "Im Laufe des Novembers", davon geht er aus, "können wir einziehen".

Insgesamt 37 genehmigte Plätze wird das neue Haus dann bieten: 25 in der Kindergarten- und weitere zwölf in der Krippengruppe. Wie Westermann erklärt, wird es im Erd- und im Obergeschoss je auf zirka 180 Quadratmeter Grundfläche je einen großen Gruppenraum und einen Nebenraum zum Schlafen geben. Außerdem erhält das Haus eine große Küche, sanitäre Anlagen und einen "Intensiv-Raum", in dem größere Kinder, beispielsweise beim Malen oder Werken, speziell betreut werden können. Geplant ist das alles als "Null-Energie-Holzhaus": Eine effektive Isolierung, eine spezielle Lüftungsanlage und eine Infrarot-Heizung mit Strahlungswärme sollen die Betriebskosten minimieren; zudem soll eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach einen kleinen Überschuss beim Stromertrag liefern.

Zirka 700 000 Euro kostet der Bau mit Außenanlagen und Inneneinrichtung. Knapp die Hälfte zahlen die Gemeinden Baierbrunn, Pullach, Grünwald und Schäftlarn, 300 000 Euro kommen aus einem Kredit, den der Kindergarten-Verein aufgenommen hat. Hinzu kommt ein Darlehen von 10 000 Euro der Software AG Stiftung, die bereits den Waldorfkindergarten in Ismaning unterstützt hat. Mit besonderem Anreiz: Wenn die Elterninitiative bis Dezember 2017 die gleiche Summe an Spenden akquiriert, muss sie den Betrag nicht zurückzahlen.

Der Umzug der Einrichtung war überfällig. Der Baierbrunner Waldorfkindergarten war mehr als 20 Jahre lang - bis Juni 2015 - in einem kleinen Häuschen in der Parkstraße in Buchenhain untergebracht. Fritz Schweinsberg hatte das Häuschen seiner Eltern, in dem sich früher ein Drogeriegeschäft befand, samt Garten der Einrichtung zu einem günstigen Preis vermietet. Doch die Räumlichkeiten in dem "lieben, alten Haus", wie es die Mitglieder des Kindergarten-Vereins nennen, wurden bald zu eng für die zuletzt 33 Kinder aus Baierbrunn, Pullach, Grünwald und Schäftlarn, die Kindergarten und Krippe dort besuchten. Von 2009 an wurden die Öffnungszeiten ausgeweitet, es begann die Suche nach einem neuen Zuhause. Eine "Geschichte der Irrungen und Wirrungen", wie Westermann sagt. Nachdem ein zusätzliches Gebäude auf dem Grundstück in der Parkstraße nicht in Frage kam, sollte der Kindergarten in den Alten Seitzhof umziehen. Der Trägerverein wollte das alte Bauernhaus sanieren lassen, sowohl der Baierbrunner als auch der Pullacher Gemeinderat bewilligten dafür 2012 Zuschüsse. Doch die Elterninitiative hatte sich verschätzt, die Renovierung des Bauernhofs erwies sich letztlich als zu aufwendig.

Anfragen bei den Nachbargemeinden nach geeigneten Grundstücken blieben erfolglos, beim Trägerverein herrschte "Katzenjammer", wie Westermann sagt. Bis die Gemeinde Baierbrunn im Sommer des vergangenen Jahres dem Kindergarten schließlich ein Grundstück per Erbbaurecht anbot: beim alten Buchenhainer Feuerwehrhaus in der Forststraße, nur 400 Meter vom alten Standort entfernt. Ein ideales Areal, sagt die Baierbrunner Bürgermeisterin Barbara Angermaier (BIG). Auch weil es der gemeinnützige Waldorfverein "größenmäßig stemmen" könne. Das Angebot irritierte allerdings einige Nachbarn, auch Florian Bosse, der Anfang vergangenen Jahres das Haus gegenüber erworben hatte. Unter der Prämisse, wie Bosse sagt, dass das Feuerwehr-Grundstück unbebaut bleibe. Die Gemeinde habe ihm damals versichert, dass das verfallene Spritzenhaus dort abgerissen werde und "ein Park entsteht", sagt der Software-Entwickler. Angermaier aber widerspricht: Das Grundstück des Feuerwehrhauses sei schon seit längerem für einen Kindergarten im Gespräch, für das Kinderhaus "Denk mit" jedoch letztlich zu klein gewesen, sodass dieses ans Wirthsfeld zog.

Bosses Kritik richtet sich vor allem gegen den Lärm: An dem Haus, in dem er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern wohnt, führen die B 11 und die S-Bahn-Linie vorbei; eine weitere Lärmquelle, sagt er, sei nicht zumutbar. Auf einer Anwohnerversammlung wehrte er sich daher gegen die Pläne - allerdings erfolglos: Der Gemeinderat stimmte für den Kindergartenneubau, den das Landratsamt auch genehmigte. Der Holzrohbau gegenüber reflektiere nun den Lärm der Straße, klagt Bosse, der sich auch beim staatlichen Bauamt Freising um einen Schallschutz zur Bundesstraße bemüht hat, jedoch erfolglos. Westermann, der Bosse nach vielen Gesprächen gut kennt, hat mehr Verständnis für den Nachbarn gegenüber als für andere Anwohner, die, wie er sagt, sich stumm hinter Bosse verstecken. So habe er etwa von einer Hausbesitzerin gehört, die im Ausland wohne, sich aber darum sorge, dass ihre Immobilie in der Forststraße durch den Kindergarten an Wert verliere. Ängste, die er nicht nachvollziehen kann. "Wir sind ein Kindergarten", sagt Westermann, "keine Schweinezucht oder ein Atomkraftwerk."

Der Vorsitzende des Waldorf-Vereins freut sich auf den Umzug und eine gute Nachbarschaft. Auch dank des Rückhalts der Gemeinde, die den Kindern das Sport- und Bürgerzentrum mit seinen großen Freiflächen zur Verfügung gestellt hat, wo sie noch bis zum Umzug bleiben. Auf dem neuen Grundstück werden die Kinder weniger Platz haben. Allerdings dürfen sie künftig den angrenzenden Spielplatz nutzen, den die Gemeinde mit dem Trägerverein umgestalten wird.

© SZ vom 27.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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