Autonomes Fahren:Vorsicht Baustelle!

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Die A-99-Ostumfahrung wird in den kommenden Jahren zur Großbaustelle. Dort selbstfahrende Autos zu testen, wäre eine Herausforderung. (Foto: Stephan Rumpf)

Bereits jetzt werden selbststeuernde Autos auf der A 9 getestet. Probleme gibt es dort, wo gerade Arbeiten anstehen

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim/Haar

Kürzlich haben die BMW-Manager eine Chance vertan. Sie hätten richtig Mut beweisen können. Wenn sie ihr Entwicklungszentrum für autonomes Fahren in der Gemeinde Haar angesiedelt hätten, hätten die Ingenieure und Software-Entwickler zeigen können, dass sie auch mit den größten Herausforderungen fertig werden. Denn schon einen erfahrenen und umsichtigen Autofahrer dürfte die A-99-Ostumfahrung mit all ihren Baustellen während des achtspurigen Ausbaus in den nächsten Jahren an seine Grenzen führen. So wäre es ein spannendes Unterfangen gewesen, die Grenzen der Technik für selbstfahrende Autos gerade dort auszuloten.

Doch nun werden die BMW-Testfahrzeuge nicht in Haar auf die Baustellen-Autobahn A 99 rollen - der Autobauer errichtet sein Entwicklungszentrum in Unterschleißheim auf dem Business-Campus, von wo aus in wenigen hundert Metern zwei Anschlussstellen auf die A 92 Richtung Deggendorf führen. Die bereits als Teststrecke fürs autonome Fahren ausgewiesene A 9 ist über das Kreuz Neufahrn schnell zu erreichen. Der Weg direkt auf die A 9 ist auch nicht weit.

Das alles ist nicht nur Zukunftsmusik. Die Testfahrzeuge sind, wenngleich noch in geringerer Zahl, schon unterwegs. Josef Seebacher, Sprecher der Autobahndirektion Südbayern, berichtet, er habe immer wieder mit BMW-Technikern zu tun, die anrufen und nachfragen, wie denn die Lage sei. Gibt es Baustellen auf der Autobahn? Sind Fahrzeuge der Autobahndirektion auf der Strecke? Man kriegt einiges voneinander mit und ist aufeinander angewiesen. Die Autobahnen werden nachgerüstet. So wurden kürzlich Schilder an der A 9 aufgestellt, die der Technik in den Fahrzeugen helfen sollen, Daten abzugleichen. An den Schilderbrücken etwa in Garching sind Seebacher zufolge Testmodule installiert. Brückenbauwerke wurden vermessen und mit Reflektoren versehen.

Natürlich ist der Stadtverkehr für selbstfahrende Fahrzeuge besonders schwer zu meistern. Doch auch eine Autobahn sei nicht einfach ein Asphaltband mit weißen Streifen links und rechts, sagt Seebacher. Die Sensoren in den Fahrzeugen müssten auch erkennen, wenn eine Spur gesperrt sei und wenn die Module an den Schilderbrücken "Langsam fahren" anzeigten oder "Bitte einfädeln lassen". Es sei ein "Lernprozess", sagt der Sprecher der Autobahndirektion.

Mancher Techniker wundere sich, was alles zu beachten sei, sagt Seebacher. "Das ist nicht wie bei der Eisenbahn." Und weil alles so komplex ist, werden die Autos der Zukunft große Datenmengen verschicken und untereinander austauschen. Seebacher hat beobachtet, dass die Mobilfunkbetreiber ihre Funkmasten an den Autobahnen nachrüsten. Vor allem an der A 99 mit ihren vielen Baustellen dürfte es künftig einiges an Informationen zu übermitteln geben. Dabei sind gewisse Fragen in Zusammenhang mit dem selbstfahrenden Auto mit noch so großen Datenmengen gar nicht einfach zu beantworten. Was macht ein solcher Wagen an einer Baustelle, wenn eine Spur wegfällt und sich geübte Autofahrer mit ihren Wagen irgendwie noch reindrängeln, um mitzuschwimmen mit dem Verkehr? Solche Situationen wird es auf der A 99 in den nächsten Jahren zuhauf geben. Ein selbstfahrender Wagen könnte dann schnell überfordert sein und einfach nur stehenbleiben. Schließlich hält er sich an vorgeschriebene Abstände und drängelt nicht. Dafür ist er wohl nicht programmiert.

Dafür könnten menschliche Fehler, die jetzt manchmal noch zu schrecklichen Unfällen führen, verhindert werden. Bei der Autobahndirektion geht die Hoffnung dahin, dass die Straßenarbeiter künftig nicht mehr Sorge haben müssen, dass ein Fahrer einfach eine Spursperrung übersieht und auf ein Arbeitsfahrzeug auffährt. Noch freilich regiert nicht die Technik. Ein Fahrer sitzt immer am Steuer, die Hand nach Vorschrift maximal einen Zentimeter vom Lenkrad entfernt. "Der Mensch muss das Auto immer noch im Griff haben", sagt Seebacher.

© SZ vom 10.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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