Landgericht München:Carreras-Stiftung verliert Erbstreit

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  • Eine krebskranke Rentnerin setzte die wohltätige Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung als Alleinerbin ihres Vermögens ein.
  • Kurz vor ihrem Tod schenkte die Frau jedoch der Tochter einer lebenslangen Freundin noch 10 000 Euro.
  • Dieses Geld wollte die Stiftung auch haben - zu Unrecht, wie nun das Landgericht München urteilte.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung hat vor dem Landgericht München I einen Erbstreit verloren. Die wohltätige Organisation ist zwar Alleinerbin einer krebskranken Rentnerin. Diese Seniorin hatte jedoch kurz vor ihrem Tod noch der Tochter einer lebenslangen Freundin spontan 10 000 Euro geschenkt. Auf diesen Betrag wollte die Stiftung allerdings nicht verzichten und forderte - unter Androhung strafrechtlicher Schritte - die Rückzahlung des Geldes. Dabei ist der gemeinnützige Verein offenbar zu weit gegangen, wie nun die 26. Zivilkammer in einem Prozess festgestellt hat.

"Leukämie muss heilbar werden. Immer und bei jedem." Für dieses Ziel hat der spanische Tenor José Carreras, der selbst an Blutkrebs erkrankt war, in München die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung gegründet. Diese widmet sich der Förderung von Wissenschaft und Forschung im Bereich der Leukämiebekämpfung sowie der Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten.

Als der eingetragene Verein, wie im Testament verfügt, den Nachlass der Verstorben bekam, war aufgefallen, dass nur wenige Tage vor deren Tod noch 10 000 Euro durch eine Bekannte abgehoben worden waren - diese 73-jährige Frau hatte eine Kontovollmacht. Mit anwaltlichem Nachdruck forderte die Stiftung diesen Betrag an und bekam ihn daraufhin zunächst auch überwiesen.

Warum die Stiftung den Prozess verlor

Dann klagte allerdings die Tochter der 73-Jährigen: "Die Rückforderung ist nicht berechtigt gewesen." Die Verstorbene habe ihr diesen Betrag zugewendet. In der mündlichen Verhandlung sagte die Mutter der Klägerin, dass sie mit der verstorbenen Rentnerin schon sehr lange - seit ihrem 13. Lebensjahr - eng befreundet gewesen sei. Die vergangenen zehn Jahre lang hab sie die Krebskranke auch regelmäßig betreut. Als sie am 28. Juli 2014 wieder ins Krankenzimmer der Frau gekommen sei, habe die Krebskranke einen Umschlag auf dem Bett liegen gehabt. Das Schriftstück sei an die Tochter der guten Freundin adressiert gewesen.

Die Kranke habe dazu gesagt, dass ihr erst jetzt bewusst geworden sei, dass sie diese in ihrem Testament vergessen habe. Die Freundin solle 10 000 Euro von der Bank holen, in den Umschlag stecken und der Tochter geben. Eine weitere Freundin, eine 76-jährige Frau, war zur selben Zeit im Krankenzimmer und konnte das bestätigen: "Es herrschte eine sehr enge Beziehung."

Das Gericht hielt diese Schilderungen für nachvollziehbar. "Mit dem Abheben des Geldes ist der Betrag aus dem Nachlass ausgeschieden und die Schenkung bereits wirksam geworden", heißt es nun im Urteil. Die Stiftung muss den Betrag zurückgeben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Ergänzung der Redaktion:

Die Carreras-Stiftung wurde zu einer Rückzahlung von 10 000 Euro verurteilt. Dieses Geld hatte die Stiftung laut einem Urteil des Landgerichts München I zu Unrecht als Teil einer Erbschaft beansprucht und erhalten. Die Deutsche José-Carreras-Leukämie-Stiftung in München legt in diesem Zusammenhang Wert auf die Feststellung, sie habe sich bewusst auf die Rückzahlung der 10.000 Euro verklagen lassen, um auf diesem Weg juristisch zu klären, ob dieses Geld Teil der Erbschaft sei. Sie, die Stiftung, habe das Geld aber gar nicht behalten wollen; es sei ihr nicht um einen Vermögensvorteil gegangen. Vielmehr sei stets vorgesehen gewesen, die 10.000 Euro, wie von der Erblasserin verfügt, an zwei Vermächtnisnehmer auszuzahlen.

© SZ vom 04.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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