Laim:Gute Stimmung am Laimer Anger

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Ein echter Dorfplatz ist das Rasen-Geviert nicht - trotz Kirche, Pfarrhof und Gasthaus. Aber die Bürger bemühen sich redlich, den Mittelpunkt des Viertels zu beleben

Von Andrea Schlaier, Laim

An sich alles da am Laimer Anger: Kirche, Pfarrhof. Selbst die Gaststätte gegenüber hat sich in die Gegenwart hinübergerettet. Seit 2012 streckt sich auch noch ein zwölf Meter hoher Maibaum von hier aus dem weißblauen Himmel entgegen. Und doch schafft es die Anlage im Schatten des historischen Ensembles aus dem 11. Jahrhundert nicht, den Charme eines - zumindest modernen - Dorfplatzes zu verströmen. Das liegt nicht nur an der Durchgangsmeile Agnes-Bernauer-Straße, die das Geviert auf Abstand zu den alten Nachbarn hält, sondern vielmehr an der Gestalt des Angers. Anger ist vielleicht auch das falsche Wort: Es handelt sich mehr um ein streng angelegtes Rasen-Tableau, gefasst von weißen Betonbändern, hohen Eschen und Eiben. Nachts strahlt blaues Licht aus den Tiefen der umstehenden Betonbänke über die plane Terrasse. Der Laimer Anger ist weniger eine sich selbst genügende Stadt-Oase als ein Angebot: Mach was aus mir, bespiel mich!

Doch das erweist sich als gar nicht mal so einfach. Nach langem Wünschen hat die Stadt den Laimern den Anger, wenn man so will, geschenkt. Hübsch verpackt als frisch angelegte Grünfläche, auf der bis Ende der Sechzigerjahre noch der Winhuberhof gestanden hatte. Im Jahr 2000 dann das Präsent ans Viertel, anlässlich der hundert Jahre zurückliegenden Eingemeindung des Dorfes in die Landeshauptstadt. Man wollte endlich in der mehr oder weniger historischen Mitte des Quartiers einen Platz, auf dem sich Identität für den Bezirk mit seinen knapp 55000 Bewohnern kultivieren lässt.

Im Mai lockt der Alpenmarkt. (Foto: Lukas Barth)

Seither müht man sich redlich. Der eigentlichen Bestimmung nahe zu kommen, gelingt bislang in der Hauptsache den Laimer Maibaumfreunden. Die haben hier unverdrossen schon ihr Fest zum 1. Mai gefeiert, als noch gar keine Aussicht bestand, jemals einen Baum aufstellen zu dürfen. Die Leute strömen seither trotzdem herbei wenn's nicht gerade aus Kübeln gießt. Der örtliche Faschingsklub macht in der Saison auch ordentlich Rummel. Zeitweise gab's auch mal einen Weihnachtsmarkt. Hübsch, aber bislang dauerhaft nicht durchsetzbar, war die Verlegung des wöchentlichen Bauernmarktes von 500 Metern ostwärts hierher. Darüber hinaus blieb das Angebot in der Mehrzahl beliebig: Christbaumverkauf, Marionettentheater oder Kirmesfest. Die Geister scheiden sich seit Jahren an den Laimer Fischtagen. Die einen kritisieren das meerestierarme Angebot und Zusatzstände mit Billig-Ware, und vor allem Anwohner stören sich regelmäßig an der Lautstärke der Veranstaltung. Fans der Reihe freuen sich hingegen, "dass wenigstens mal was angeboten wird, wo man sich auf Bierbänken niederlassen und ratschen kann".

In diesem Jahr drängeln sich die Interessenten regelrecht, was die Bespielung des 5200 Quadratmeter großen Areals angeht. Zuletzt hatte der Alpenmarkt als Mischung aus alpin-affinem Waren-Angebot und Dult-Verschnitt mit einem Rahmenprogramm von Laimer Gruppen seine Premiere hinter sich gebracht. Der Fischmarkt-Mann, der nachrückte, stand schon in den Startlöchern. Wenn der dann Anfang Juni seine Buden wieder abbaut, rückt das Kulturreferat an. Nach fünf Jahren findet hier Ende Juni wieder mal die Stadtteilkulturwoche für Laim statt.

Auf dem Laimer Anger und um ihn herum herrscht selten tote Hose wenn der der neue Maibaum lockt wie 2012. (Foto: Lukas Barth)

Die Bezirkspolitiker freuen sich einerseits über Leben in der vermeintlichen Ortsmitte. Andererseits plagt sie die Sorge, ob sie den Anwohnern mit dem anhaltenden Remmidemmi nicht zu viel zumuten. Und für diejenigen, die den Platz auch mal unbespielt nutzen wollen, ist das in den freien Phasen auch nicht immer möglich: Nach zu viel Trubel auf dem Anger wird der Untergrund matschig. Das Wasser läuft vom Schotterrasen nur schlecht ab.

Trotz der ganzen Litanei an Missständen haben einige Laimer angefangen, die Rasenplatte ins Herz zu schließen. Sie stehen beim Konditor Detterbeck an der nordöstlichen Ecke des Gevierts in der Eisschlange und schlecken bei passablem Wetter dann auf dem Anger sitzend genüsslich an Basilikum-Zitrone- oder Schoko-Ingwer-Kugeln. Sie verweilen mit den Kindern oder schauen einfach der 19er-Tram nach, die alle zehn Minuten vorbeizieht. Die Gäste der Kulturbühne Interim auf der gegenüberliegenden Seite sammeln sich in den Pausen der Abendvorstellungen am Anger-Rand in Trauben zum Ratschen.

"Sehr freundliche Stimmung hier", hat das ein Nachbar mal genannt. Es scheint was zu wachsen auf dem Laimer Anger - wenn auch ganz langsam.

© SZ vom 05.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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