Laim:Das Haus des guten Klangs

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Aus der ehemaligen Glockengießerei Oberascher, die unter Denkmalschutz steht, könnte ein Museum werden

Von Andrea SchlaiER, Laim

Lange wusste kaum jemand im Viertel, was es an der Mitterhoferstraße 7 geschlagen hat. Das galt sowohl für das architektonische und kulturgeschichtliche Kleinod auf dem etwas versteckt liegenden Grundstück, als auch, was dessen drohendendes Aus anbelangt. Inzwischen ist über die Nachbarschaft hinaus bekannt, dass in der ehemaligen Glockengießerei Oberascher vieles von dem, was seit über einhundert Jahren majestätisch, zuweilen auch voller Zauber über den Dächern der Stadt erklingt, hier gegossen wurde. Das Glockenspiel im Münchner Rathaus gehört unter anderem dazu.

Auf reichlich stadtviertelpolitisches und bürgerschaftliches Drängen hin steht die Anlage seit Anfang 2017 unter Denkmalschutz. Jetzt will man in Laim noch einen Schritt weiter gehen und schlägt vor, in der hübschen Immobilie einmal ein Glockenmuseum anzusiedeln. Gefallen findet daran - mit Einschränkung - auch der Leiter des Bereichs Musik im Münchner Stadtmuseum, András Varsányi.

Hinter dieser Fantasie verbirgt sich bisher nicht viel mehr als die hübsche und sinnfällige Idee eines Anwohners, der damit gleichwohl beim Laimer Bezirksausschuss (BA) offene Türen einrannte. Das Gremium leitete den Vorschlag umgehend an die städtische Verwaltung weiter und schlug die Prüfung für eine solche Einrichtung vor, sollte das Kleinod nicht mehr, wie aktuell, gewerblich genutzt werden.

Doch der Weg zu diesem Ziel ist windungsreich. Erstens gehört der Grund der Stadt überhaupt nicht. Die solle, schlägt Josef Mögele (SPD) als BA-Vorsitzender vor, eben Druck beim Investor machen. Demjenigen also, mit dem es vergangenes Jahr zu deutlichen Misstönen gekommen war. Denn dem Erwerb der Denkmalwürde vorausgegangen ist ein zuweilen dramatisches Ringen um den Erhalt des Ensembles, zu dem eine Fabrikantenvilla im vorderen Grundstücksbereich gehörte. Die hatte das Landesamt für Denkmalpflege nicht wie die Glockengießerei selbst unter ihren Schutz stellen wollen. Das 1909 errichtete Wohnhaus wurde im Frühjahr 2017 abgerissen, weil das Sozialreferat nach aktueller Auskunft auch an der Stelle Wohnraum und Werkstätten für Flüchtlinge mit humanitärem Bleiberecht von einem privaten, zweiten Investor schaffen will.

Ein Bauantrag dafür ist noch immer nicht eingereicht. Jedenfalls: Im Zug des Abrisses der Villa kappte jemand "widerrechtlich", wie es im Planungsreferat der Stadt hieß, auch den Glockenturm des benachbarten denkmalgeschützten Werkstattgebäudes. Weil Nachbarn Alarm geschlagen hatten, konnten Behördenvertreter Schlimmeres vereiteln. Dem Planungsreferat, so teilte damals ein Sprecher mit, habe weder ein Antrag noch eine Abbruchanzeige vorgelegen. Das Ziel sei, den ursprünglichen Zustand wiederherstellen zu lassen. Im März 2017 sei jedoch Klage gegen die von der Lokalbaukommission verfügte Einstellung des ungenehmigten Teilabbruchs eingereicht worden, heißt es aus der Behörde. "Aufgrund der noch angehängten Klage gibt es derzeit keine Verfügung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands." Nach wie vor strebt man danach, das einzig noch erhaltene Werksgebäude einer Glockengießerei der Jahrhundertwende in Bayern wieder komplett herzustellen.

Die Glockengießerei stehe seither, so sieht es der Nachbar mit den kreativen Ideen, "nach dem brutalen Abriss der Fabrikantenvilla hilflos in der kargen Botanik der Mitterhoferstraße". Doch das historische Gebäude müsse nicht nur am Leben erhalten, sondern mit Leben umgeben werden. Ein "neuartiges, lebendiges Glockenmuseum" schwebe ihm vor, in dem Nachbildungen oder Fotografien berühmter Glocken aus aller Welt samt ihres typischen Geläuts bestaunt werden könnten.

Charmant sei der Vorstoß, tönte es aus dem Laimer Bezirksausschuss, Und selbst vom Münchner Stadtmuseum aus schallt Zustimmung gen Laim. "Ausdrücklich befürworten", will der Leiter der Sektion Musik, András Varsányi, den Antrag. Sein Haus selbst habe einen Bestand älterer Glocken seit dem 17. Jahrhundert, die "in einer bestimmten Zeit mit zum Klangbild der Stadt" gehörten.

Dazu zähle etwa die "Ave"-Turmglocke der Peterskirche, gegossen 1648. Zusätzlich eine große Anzahl kleiner Handglocken, Signalglocken, Tiergeläut und selbst Exemplare aus der Antike und nichteuropäischen Ländern. Hinzu käme vielleicht noch die ganz besondere Chance, das bespielbare Carillon, das für die Sommerspiele 1972 am Coubertinplatz errichtet und inzwischen abgebaut wurde, wieder erlebbar zu machen. Aus fachlicher Sicht, so András Varsányi, könne er die Schaffung eines Glockenmuseums "mit Nachdruck" befürworten. Mit der entscheidenden Einschränkung: Das Stadtmuseum käme für ihn nur als Leihgeber, nicht als Betreiber in Betracht, das sei finanziell und personell bei gleichbleibender Ausstattung nicht denkbar.

Unabhängig davon preist Bezirksausschuss-Chef Josef Mögele die Idee für ein Glockenmuseum als "Steilvorlage für uns". "Wir könnten die Stadt beauftragen, dass die Glockengießerei erhalten bleibt und anregen, daraus etwas zu machen." Thematisch müsse das ja nicht "ganz so eng" gefasst werden. Schließlich gebe es in Laim grundsätzlich Bedarf an Raum, der bürgerschaftlich und kulturell genützt werden könnte. Weit würde sich wohl herumsprechen, was es an der Mitterhoferstraße 7 geschlagen hat.

© SZ vom 17.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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