Krailling: Gottesdienst für ermorderte Mädchen:"Hat Gott seine Gnade vergessen?"

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In einem bewegenden Trauergottesdienst nehmen die Menschen in Krailling Abschied von Sharon und Chiara. Die Polizei ermittelt weiter, einen konkreten Tatverdächtigen gibt es bislang aber nicht.

Christian Deussing und Thomas Anlauf

Mehr als 500 Menschen haben am Dienstagabend in einem meditativen Trauergottesdienst der beiden in Krailling ermordeten Geschwister Sharon und Chiara gedacht. In der Planegger Kirche St. Elisabeth hielten der katholische Pfarrer Anicet Mutonkole und seine Kollegin Katarina Freisleder von der evangelischen Waldkirche ihre Predigten. Beide Geistliche betreuen seelsorgerisch die Menschen in Krailling.

Auch Innenminister Joachim Herrmann nahm an der Gedenkfeier teil, in der mit Liedern und Schweigeminuten der Opfer gedacht wurde. Er sagte: "Wir alle können es nicht begreifen". Die Angst und Sorge der Menschen sei groß, solange der Täter noch nicht gefasst sei. "Ich verspreche, dass die Münchner Polizei alles tut, um ihn dingfest zu machen." Sharon und Chiara würden in den Herzen der Menschen weiterleben.

Eine kleine Ansprache hielt auch Kraillings Bürgermeisterin Christine Borst. "Wir fühlen uns wie betäubt. Nichts wird so sein wie vorher", sagte sie. Es seien "fröhliche und unbeschwerte Kinder gewesen, die so schrecklich aus dem Leben gerissen wurden". Die Rathauschefin zeigte sich erschüttert über die "aggressive Brutalität" des Täters. Sie hatte noch vor dem ökumenischen Gottesdienst von der Verunsicherung der Bevölkerung berichtet, weil der Mörder noch nicht gefasst ist.

Seit der Bluttat in der Nacht zum vergangenen Donnerstag steht Krailling unter Schock. Hunderte Kerzen flackern am Tatort, Freunde und Kinder teilen in Botschaften ihre Trauer mit. In seiner Predigt sagte Pfarrer Anicet Mutonkole: "Ihr Tod hat uns alle wie ein schwerer Schlag getroffen." Er zitierte aus Psalm 77: "Hat Gott seine Gnade vergessen?" Pfarrerin Katarina Freisleder sprach von einer blinden Raserei, von Hass und Gewalt. Angesichts der schrecklichen Tat "wächst auch das Bedürfnis nach Vergeltung", sagte sie. Während des Gottesdienstes entzündeten Hunderte Menschen Kerzen der Trauer, fassten sich an den Händen und beteten für die toten Kinder, deren Eltern und Angehörige. Unterdessen legte der Gemeinderat in Krailling am Abend eine Gedenkminute für die Opfer ein.

Bei der Polizei sind bislang etwa 50 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen. "Wir ermitteln mit Hochdruck", sagt Oberstaatsanwältin Andrea Titz. Einen konkreten Tatverdächtigen gebe es aber nach wie vor noch nicht. In dem Mordfall planen die Ermittler derzeit noch keine DNA-Reihenuntersuchung. "Allerdings sollen auf freiwilliger Basis weitere Speichelproben genommen werden", sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II. Schon bisher hätten mehrere Menschen "aus dem Umfeld der Opfer und des Tatgeschehens" DNA-Proben zur Verfügung gestellt, so Titz.

Erst am Montag musste ein Stammgast der Kraillinger Gaststätte "Schabernack", die der Lebensgefährte der Mutter von Chiara und Sharon betreibt, eine Speichelprobe abgeben. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hatten die Ermittler dem Mann vorgeworfen, er habe bei seiner ersten Aussage bei der Polizei gelogen, was seine Beziehung zur Mutter der beiden ermordeten Mädchen Anette S. angeht. Doch das weist der Zeuge entschieden zurück.

© SZ vom 30.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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