Konzert:Zeit für eine Revolution

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Die millionenschweren Rockstars Martin Gore, Andrew Fletcher und Dave Gahan (von links) beklagen in den neuen Songs den gesellschaftlichen Verfall. (Foto: Anton Corbijn)

Die britischen Synthiepop-Helden "Depeche Mode" geben sich auf ihrem neuen Album "Spirit" politisch. Mit neuen Songs und alten Hits kommen sie am Freitag ins Olympiastadion.

Von Jürgen Moises

Wir leben in politisch und gesellschaftlich unruhigen Zeiten, was deutlich in den Medien, aber auch in der Popmusik zum Ausdruck kommt. Ein Beispiel dafür ist etwa das neue Roger-Waters-Album "Is This The Life We Really Want", das der ehemalige Pink-Floyd-Bassist aus Protest gegen den US-Präsidenten Donald Trump aufgenommen hat.

Ein weiteres ist die Supergroup Prophets of Rage, die sich im letzten Jahr aus Mitgliedern von Rage Against the Machine, Public Enemy und Cypress Hill gebildet hat. Und auch das neue, vierzehnte Depeche-Mode-Album "Spirit" lässt sich so verstehen, dass Dave Gahan, Martin Gore und Andrew Fletcher plötzlich die Revoluzzer und Politkünstler in sich entdeckt haben.

Zumindest gilt das für einen Teil der neuen Lieder, die sich tatsächlich um politische Themen drehen. So handelt gleich der Einstiegssong "Going Backwards" davon, dass sich die Menschen trotz fortschrittlicher Technologien zurück zu Höhlenmenschen entwickeln. In "Where's The Revolution" beklagt Textschreiber Martin Gore, dass die Leute keine Revolution mehr hinkriegen, und das, obwohl sie "angepisst", ihrer Rechte beraubt, manipuliert und mit Terrorismus bedroht wurden. Und in "Poorman" geht es darum, dass die Armen immer ärmer werden und nichts vom Reichtum der Reichen bis zu ihnen durchsickert.

Diese "Politisierung" hat Depeche Mode keineswegs nur Beifall, sondern auch Häme und kritische Fragen eingebracht. Darunter die, ob es denn wirklich glaubhaft ist, wenn millionenschwere Rockstars plötzlich die Revoluzzer spielen und von den Nöten des kleinen Mannes singen. Drehten sich frühere Synthiepop-Hymnen wie "Personal Jesus" doch eher um den purgatorischen Kampf zwischen sündhaften Freuden und der Sehnsucht nach höherem Frieden.

Und ob das Bild des Revolutions-Zuges (siehe Schulz-Zug), das Depeche Mode auf dem Album gebrauchen, wirklich so taugt? Die Motorräder hier auf dem Bild stehen den Synthiepop-Heroen als Revoluzzer-Vehikel jedenfalls auch nicht schlecht. Zu ihrem Konzert im Münchner Olympiastadion werden die Briten aber wohl doch eher im Flieger oder Omnibus anreisen.

D epeche Mode, Fr., 9. Juni, 19.45 Uhr, Olympiastadion, Spiridon-Louis-Ring 27, 089 / 21 83 73 00

© SZ vom 08.06.17 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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