Konzert:Tour der Freuden

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Wunschgratulantin: Pauline Paris sollte schon früher bei der "Tour" auftreten, zum 15. Geburtstag hat es geklappt. (Foto: Veranstalter)

Seit 15 Jahren veranstaltet Thomas Bohnet im Ampere eine musikalische "Tour de France". Zum Geburtstag hat er sich und den frankophilen Münchnern die Sängerin Pauline Paris eingeladen

Von Michael Zirnstein

Der Name Pauline Paris klingt zu schön, um wahr zu sein. Pauline! Françoise! Amélie! Wo ist der Unterschied für unsereins? Wunderbare Welt der Klischees. Alle Wege locken nach Paris. Pauline heißt aber wirklich so und wurde auch dort im fünften Bezirk geboren. Geboren, um Musikerin zu werden (bei dem Namen!): Mit acht Jahren soll sie Cello am Konservatorium gelernt haben, zur Gymnasialzeit vertonte sie Gedichte von Paul Verlaine zur Gitarre, dann studierte sie Gesang bei Julia Pelaez und Jacques Panis, um doch ein bisschen wie die übergroße Edith Piaf zu klingen - ohne einen Bezug zu der geht es wohl nicht. Pauline habe aber auch etwas von Boris Vian, dem Bohème-Dichter und Jazzer, der Serge Gainsbourg zum Musikmachen inspirierte. Und von Nina Simone, der französischsten aller amerikanischen Sängerinnen. Paris singt - auch auf einer "French Kiss"-Tour - in ihrer Muttersprache, mischt Swing mit Chanson, Blues, Rock und Pop. Das müsste mittlerweile auch Münchnern vertraut klingen. "Wer die bekanntere Zaz mag, der sollte auch Pauline Paris lieben." Das sagt Thomas Bohnet, der Pauline nun für ein Konzert zum 15. Geburtstag seiner Party-Reihe "Tour de France" nach München holt. Und was frankofone Musik anbelangt, "da kennt der Mann sich aus", wie einmal Françoise Cactus von Stereo Total der SZ bestätigte; auch diese Sängerin ist eine Frankreich-Kennerin, wenngleich aus Hamburg stammend und mit falschem Namen wie Akzent.

Viele Münchner hörten Zaz das erste Mal, als Bohnet ihre Songs bei der "Tour de France" auflegte. Lange bevor sie erst die Muffathalle, dann die Tollwood-Arena ausverkaufte, wo sie auch in diesem Sommer wieder spielt (7. Juli). Oder sie tanzten zu "Alors on danse" von Stromae, bevor der den Zenith füllte und die erste französische Nummer 1 nach 25 Jahren ("Ella Ella") hierzulande landete. In diesem Fall lag Bohnet mit seiner Einschätzung, der soghafte Hit könne eine Eintagsfliege sein, ausnahmsweise daneben. Stromaes zweites großartiges Album und die Konzerte hätten ihn eines Besseren belehrt. Natürlich hat Bohnet sich live überzeugt - bei einem Konzert in München wurde er gar als DJ gebucht, so wie ihn auch die französische Botschaft in Berlin für eine Weihnachtsfeier engagierte.

Der 56-jährige ist die Koryphäe in der französischsprachigen Populärmusik in Deutschland. Mit seiner "Tour de France" macht er längst auch in Berlin, Konstanz, Saarbrücken und Zürich Station. Auf sieben Alben hat er seine Lieblingsstücke für Frankreich-Fans zusammengestellt, auf dem aktuellen querbeet vom Neo-Chansonnier Benjamin Biolay über die Lyoner Ska-Band Babylon Circus bis zu den Hip-Hop-Gourmets Chinese Men. Pauline Paris war zwei Mal vertreten, auf "Le Tour 7" mit "La Grande Roue". Ihr Album "Le Grand Jeu" hat sie auf dem selben Frankfurter Label, Localmedia, veröffentlicht - den Kontakt stellte Bohnet her.

Schon in den Sechzigerjahren als Schwarzwälder Dorfbub nahe der Grenze hatte er ein Faible für französische Schlager, etwa von Mireille Matthieu und Françoise Hardy, deren Chansons hanebüchen ins Deutsche übersetzt wurden und die er als Pop-Journalist sogar einmal für ein Schweizer Magazin interviewen durfte. Als Easy-Listening-DJ legte er 1996 erstmals anlässlich des EM-Spiels Frankreich gegen Rumänien im Konstanzer Kulturzentrum nur französische Musik auf: "Ein lausiges Spiel", aber eine tolle Fete. Als Bohnet 1998 nach München zog, hatte er eigentlich mit dem Auflegen abgeschlossen, bot sich 2000 dem neuen kleinen Haidhausener Musikspezialitäten-Lokal Club 2 aber einmal mit seiner "Tour de France" an - "gegen Taxigeld". Wegen des zunehmenden Erfolges wurde daraus eine der am längsten laufenden monatlichen Partyreihen der Stadt und die älteste und größte Party ihrer Art in Deutschland: Exil-Franzosen stillen hier Heimweh unter Landsleuten, und Münchner Kultur-Neugierige hören endlich etwas anderes als das übliche englisch-dominierte Party- und Radiogemisch. Die Tour ist offen für alle Spielarten von Chanson über Reggae bis Elektro und Hip-Hop, Hauptsache tanz- oder feierbar, auch Franko-Arabisches kommt auf den Plattenteller. Zur 179. Etappe hat sich Bohnet wieder Unterstützer ins Ampere und die Ampere-Lounge eingeladen: Die Stammgäste und in München lebenden französischen DJs Mikael Bourdon, Christian Berst und Jean-Yves alias Y. Wie bei jedes Jahr zum Geburtstag gibt es Live-Musik, nicht so groß wie von Frankreichs Superstar M 2013, aber mindestens so stimmungsvoll. Pauline Paris soll ihr erstes Konzert übrigens in einem Bus in Paris gegeben haben, ihre erste Gage - fünf Francs - erhielt sie vom Fahrer. Ihr geht es ums Spielen, daher ist sie Bohnet auch mit der Gage entgegengekommen. Trotz der in Frankreich fälligen teuren Musiker-Kopfpauschale bei den Sozialabgaben könne sie so mit ihrer ganzen Band anreisen. Chapeau!

15 Jahre Tour de France mit Pauline Paris, Fr., 17. Apr., 21 Uhr, Ampere, Zellstr. 4, 21 83 73 00

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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