Kommentar:Unwürdiges Trauerspiel

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Der Neubau an der Stelle der "Schwabinger Sieben" ist ein Beispiel für nüchternes Gewinnstreben - bis ins letzte Detail

Von Stefan Mühleisen

Nun läuft also ein Extra-Akt im Drama um die Feilitzschstraße 7 bis 9. Es hätte ein versöhnliches Ende geben können. Stattdessen mündet dieses Stück in ein Trauerspiel, was eine fatale Signalwirkung entfalten könnte. Denn es ist nicht irgendeine Adresse, um die es hier geht. Der Neubau an der Stelle der heiß umkämpften und verschwundenen Spelunke "Schwabinger 7" ist ein Symbol für die Wut auf rücksichtslose Immobilieninvestoren, für die Verdrängung der Menschen durch Luxus-Bauten, kurz: für die Gentrifizierung. Gerade dieser Investor, die Hamburgische Immobilien Handlung (HIH), setzt nun Stück für Stück seine Interessen durch - und die Stadt lässt es zu.

Laut und zornig war der Protest gegen den Abriss der Baracke mit der "Schwabinger 7" und dem Monopol-Kino. Die breite Protestbewegung unterstellte dem Investor damals kaltblütiges Gewinnstreben. Es zeigt sich nun, dass diese Ansicht keineswegs haltlos war. Denn was soll man daraus schließen, dass 250 Einzelhändler das Pachtangebot von HIH ausschlugen, in einer Top-Lage nahe der Münchner Freiheit? Es liegt auf der Hand, dass schlicht die Miete sehr hoch angesetzt war. Offenkundig ging es nie darum, die Gewerbe-Auflagen zu erfüllen. Das zeigt die nüchterne juristische Argumentation, die entschlossen die Etablierung eines Supermarkts verfolgte.

Das Hamburger Unternehmen hat bewiesen, dass es keinerlei Interesse an einer Versöhnung hat. Die wäre aber dringend geboten. Das Haus ist immer noch ein Fremdkörper; die Schwabinger hätten sich vielleicht damit arrangieren können, wenn unter den Luxuswohnungen zumindest kleine, charmante Läden einziehen würden. Schlimmer ist jedoch: HIH sendet ein Signal an die Branche, die sich nun ermutigt fühlen kann, es ihr gleich zu tun. Der Fall führt auf unrühmliche Weise vor, wie ein Bauträger städtische Behörden gegeneinander ausspielen kann. Das Kreisverwaltungsreferat hätte die Brisanz des Falls erkennen - und es notfalls auf weiteren Gerichtsstreit ankommen lassen müssen.

© SZ vom 12.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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