Kommentar:Debatte statt Datenschutz

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Wer die Demokratie achtet, muss kontroverse Entscheidungen öffentlich diskutieren, anstatt die Bürger mit fadenscheinigen Argumenten auszusperren

Von Thomas Kronewiter

Die Münchner werden in den Wachstumsjahren, die da kommen, noch manche unpopuläre Entscheidung zu schlucken haben. Weil das Geld nicht reicht, der Platz nicht mehr vorhanden ist, Kompromisse zu schließen sind, die einen schalen Geschmack hinterlassen. Das mag auch für die Frage gelten, wo das Sozialbürgerhaus für Trudering-Riem und Berg am Laim langfristig angesiedelt sein soll. Dass die Bewohner eines der betroffenen Stadtviertel in jedem Fall die Kröte zu schlucken haben werden, in den Nachbar-Stadtbezirk fahren zu müssen, war ja bei der Doppel-Zuständigkeit von vorneherein klar.

Wenn nun nach langem Planungsvorlauf der Umzug aus einem Provisorium an den bisher immer vorgesehenen eigentlichen Standort gekippt werden soll, mag es auch dafür gute Gründe geben. Nur muss man diese dann auch benennen, man muss diskutieren, man muss allen, die es anders sehen, die Chance auf Widerspruch einräumen. Für diese Form der demokratischen Auseinandersetzung ist der Sitzungssaal im Rathaus zwar der richtige Platz. Doch aus guten Gründen hat er auch eine Zuschauer-Empore.

Nun lapidar festzuhalten, der zuständige Stadtrats-Ausschuss könne ja zumindest für einen Teil der Debatte ad hoc die Öffentlichkeit zulassen, ist eine politische Instinktlosigkeit. Wer kommt denn und wartet in der allenfalls vagen Hoffnung, er werde vielleicht für ein paar Minuten als Zuhörer geduldet? Die Frage ist für die betroffenen Bürger viel zu bedeutsam, um diese ob einer Verfahrensfrage komplett außen vor zu lassen. So provoziert man nur den Widerspruch - auch von konstruktiv denkenden Mitbürgern, die angesichts überzeugender Argumente vielleicht auf ihre Obstruktionshaltung verzichtet hätten.

Politik ist dann erfolgreich, wenn sie leidenschaftlich kämpft, die Menschen überzeugt und am Ende auch mitnimmt. Sie verliert, wenn sie sich hinter Datenschutz-Argumenten verschanzt.

© SZ vom 18.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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