Kommentar:Chaos im KVR: Der Zorn auf die Beamten trifft die Falschen

Besucherandrang vor dem Kreisverwaltungsreferat in München. (Foto: Robert Haas)

Die Wartezeiten sind immer noch übermäßig lang. Doch das liegt vielmehr daran, dass die Behörde nach wie vor unter Mitarbeitermangel leidet.

Kommentar von Sven Loerzer

Warten nervt, das macht eine Nummernausgabe, die Ordnung und Gerechtigkeit in die Schlangen bringen soll, nicht erträglicher. Wer sich für Behördengänge gleich einen ganzen Tag freinehmen muss, weil sie nicht in einer Stunde zu erledigen sind, bei dem liegen die Nerven blank, wenn die Behörde die Büros wegen Überlastung vorzeitig schließt.

Wenn Bürger einer modernen Großstadt wie München um wichtige Dienstleistungen wie die Ausstellung eines Ausweises oder eines Aufenthaltstitels kämpfen müssen, werden sie schnell zornig. Macht da nicht wieder ein unwilliger Beamter Kaffeepause? Kann der nicht mal seine Mittagspause verkürzen? Oder endlich mal ein paar Überstunden einlegen?

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Wegen der langen Wartezeiten hat der Stadtrat mehr als 100 zusätzliche Stellen geschaffen. Verbessern wird sich die Situation erstmal noch nicht.

Von Sven Loerzer

Solche Vorwürfe treffen aber tatsächlich die Falschen: nämlich ausgerechnet jene, die ausharren und sich bemühen, ein viel zu großes Arbeitspensum zu bewältigen. Genau jene Mitarbeiter halten im Kreisverwaltungsreferat einen Betrieb aufrecht, dem aus unterschiedlichen Gründen seit längerer Zeit genügend Personal fehlt.

Verwaltungsjobs mit "Parteiverkehr" gelten, gemessen an der Bezahlung, als nicht übermäßig attraktiv, zumal wenn der Arbeitsdruck permanent hoch ist. Mehr Stellen gab es, wenn überhaupt, immer erst, wenn die Überlastung deutlich spürbar wurde und die Beschwerden überhand nahmen.

Verwaltung zu verstärken, war lange verpönt, aber dafür bekam sie beständig neue, oft komplizierte Vorschriften und zusätzliche Aufgaben, allen Beteuerungen zum Bürokratieabbau zum Trotz. Ein Verzicht auf genügend qualifizierte Mitarbeiter aber schafft Bürokratie nicht ab, sondern macht sie nur noch quälender.

© SZ vom 06.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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