Kirche:Frauen halten Gemeinden am Leben

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Was die Wahlergebnisse für die Pfarrgemeinderäte über die katholische Kirche verraten

Von Jakob Wetzel

Die allgemeine Briefwahl macht offensichtlich den Unterschied. Der Diözesanrat der Katholiken, die höchste Laien-Vertretung im Erzbistum München und Freising, hat sie zuletzt eigens eingeführt, um die chronisch schlechte Wahlbeteiligung bei den alle vier Jahre anstehenden Pfarrgemeinderatswahlen zu verbessern. Jetzt, am Sonntag, wurde erneut gewählt. Und tatsächlich beteiligten sich erheblich mehr Gläubige als zuletzt. Knapp mehr als 20 Prozent der Wahlberechtigten haben ihre Stimme abgegeben. Das ist kein Rekord - der stammt aus dem Jahr 1978 und liegt bei 26,24 Prozent. Doch so viele wie jetzt waren es schon mehr als 30 Jahre lang nicht mehr.

Am Montag hatten 694 von 747 Pfarreien ihre Ergebnisse gemeldet; demnach beteiligten sich in der Erzdiözese 287 995 der insgesamt 1 437 512 Wahlberechtigten, also der Katholiken ab 14 Jahren, an der Pfarrgemeinderatswahl. Aus 6764 Kandidaten wählten sie 5244 neue Pfarrgemeinderatsmitglieder. Etwa ein Drittel wurde neu gewählt, die übrigen hatten sich zur Wiederwahl gestellt.

Im Einzelnen sind die Unterschiede zwischen den Pfarreien groß; dennoch lässt die Statistik Rückschlüsse auf das kirchliche Leben zu. Zunächst interessieren sich offenkundig mehr Katholiken für die Kirche als für ihre Gottesdienste; die Quote der regelmäßigen Kirchenbesucher lag im Jahr 2016 bei lediglich 10,1 Prozent. Darüber hinaus sind 62,6 Prozent der gewählten Pfarrgemeinderatsmitglieder Frauen. Die katholische Kirche mag also sämtliche Weiheämter ausschließlich Männern vorbehalten, das Gemeindeleben wird dennoch mit deutlicher Mehrheit von ehrenamtlich tätigen Frauen geprägt.

Auffällig ist auch, dass die Wahlbeteiligung in größeren und städtischen Pfarreien tendenziell niedriger ausfällt als in kleineren und ländlichen Gemeinden. In Stadt und Landkreis München betrug sie im Schnitt nur 10,73 Prozent; im Norden und Süden des Erzbistums dagegen lag sie in jedem einzelnen Dekanat deutlich höher. Grund dafür ist allerdings nicht nur die Anonymität der Großstadt. In München hatten auch besonders viele Pfarreien auf die Briefwahl verzichtet und Wahllokale genutzt. Sie hätten den Aufwand der Briefwahl gescheut und den persönlichen Kontakt mit den Wählern nicht verlieren wollen, hieß es vom Diözesanrat. Zudem gab es Kritik an der Briefwahl: So würden auch Kirchenmitglieder wählen, die nicht in die Gottesdienste gehen.

Im Ergebnis verschickten nur 51 der 115 Münchner Pfarreien die Unterlagen generell mit der Post, also weniger als die Hälfte. Die Folgen sind zählbar. Insgesamt nutzten im Erzbistum 590 von 747 Pfarreien die allgemeine Briefwahl, und bei diesen lag die Wahlbeteiligung im Schnitt bei 25,5 Prozent. In den Pfarreien ohne allgemeine Briefwahl betrug sie durchschnittlich nur 5,5 Prozent.

Die höchste Wahlbeteiligung im Erzbistum verzeichnete die Pfarrei Maria Geburt in Eschlbach im Kreis Erding; dort erreichte sie mit 75,61 Prozent geradezu die Dimension der Bundestagswahl - allerdings leben dort lediglich 41 Wahlberechtigte. In München verzeichnete die Pfarrei Maria Himmelfahrt in Allach die höchste Beteiligung: Hier gaben 22,07 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. 2014 waren es nur 12,5 Prozent gewesen. Schlusslicht im Erzbistum ist St. Pius in Berg am Laim mit 1,07 Prozent (2014: 1,5 Prozent). Allerdings lagen am Montag noch nicht alle Ergebnisse vor.

© SZ vom 27.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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