Amtsgericht:Sieg über den "größten Entmieter der Stadt" - wirklich?

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  • Eine Mieterin aus Neuhausen soll nach diversen Sanierungen gut 400 Euro pro Monat zusätzlich zahlen.
  • Der Mieterverein wirft Eigentümer Rainer Beck vor, massenweise wortgleiche Ankündigungen zu verschicken, um die Mieter "einzuschüchtern".
  • Nach einem Gerichtsurteil feiert sich die Interessenvertretung für den "Sieg über den größten Entmieter der Stadt", doch Becks Anwalt widerspricht.

Von Thomas Schmidt

Der Münchner Mieterverein bemüht sich stets, Mietern in Not zu helfen. Er vertritt Mitglieder, die Streit mit ihren Vermietern haben, sei es wegen Schimmel an den Wänden oder viel zu hohen Kosten für eine Wohnung. Der Verein engagiert sich auch gegen Zweckentfremdung, und er kämpft seit jeher gegen Entmietung, gerade in einer Stadt wie München ist das ja ein großes Thema. Genau dabei hat der Mieterverein es jetzt aber offenbar etwas übertrieben.

Die Pressemitteilung vom Mittwoch klang wie ein bedeutender Sieg: "Mieterverein München bremst Sanierer vor Gericht ein", lautete die Überschrift. Es ging um den Fall einer Mieterin aus Neuhausen, die in einer Immobilie des stadtbekannten Investors Rainer Beck lebt. Dessen Unternehmen "Haus von Beck" kündigte ihr per Post an, sie bekäme eine neue Heizung und Warmwasserversorgung, im Haus würden neue Türen eingebaut, Böden saniert, die Decke gedämmt. Gut 400 Euro pro Monat sollte sie wegen all dieser Verbesserungen zusätzlich zahlen.

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Nach Angaben des Mietervereins ist das die Masche eines "der größten Entmieter der Stadt". Beck ist unter Mieterschützern berüchtigt, für manche wohl eine Art Feindbild. Volker Rastätter, Geschäftsführer des Mietervereins, wirft ihm vor, massenweise wortgleiche Ankündigungen zu verschicken, um die Mieter "einzuschüchtern". Wer sich Mieterhöhungen von bis zu 700 Euro nicht leisten kann, zieht aus. Und wer genug Geld verdient und bleibt, ist dem Lärm und Dreck einer Sanierung ausgesetzt. Viele Mieter müssten "jahrelang auf einer Baustelle leben. Und das zermürbt", sagt Rastätter. Nicht wenige geben irgendwann entnervt auf.

Nicht so die Mieterin aus Neuhausen. Sie wollte die Forderung nicht akzeptieren und zog mit Unterstützung des Mietervereins vor das Amtsgericht. Dort musste Beck laut Rastätter nun "zurückrudern". Der Unternehmer habe eingeräumt, "dass seine Schreiben rechtlich keine Wirkung haben". Der Grund laut Rastätter: Die Ankündigung sei "viel zu vage" gewesen. Denn es ist gesetzlich geregelt, was solche Schreiben enthalten müssen. So muss der Eigentümer beispielsweise auflisten, was konkret gemacht wird, wann die Arbeiten beginnen und welchen energetischen Nutzen der Mieter dadurch hat. Weil Beck das nicht tat, so die Interpretation des Mietervereins, ist der Brief null und nichtig. Ein vermeintlich großer Sieg, denn damit habe Beck "zugegeben, dass auch viele andere Schreiben rechtlich unwirksam sind".

Schreiben war an bereits verstorbenen Ehemann der Mieterin gerichtet

Laut Kilian Fichtner, dem Rechtsanwalt von Investor Beck, hat der Mieterverein jedoch weit über das Ziel hinausgeschossen. Denn bei der Mieterin aus Neuhausen handle es sich um einen "völlig atypischen Sonderfall". Atypisch deswegen, weil der Brief versehentlich an den verstorbenen Ehemann der Frau adressiert war. Ein Formfehler, den Beck vor Gericht auch einräumte. Ob das Schreiben die gesetzlichen Anforderungen erfüllte, spielte überhaupt keine Rolle, sagt Anwalt Fischer.

Nun könnte man dem Juristen eine geschickte Volte unterstellen, um sich in der Niederlage als Sieger zu gerieren, aber das Amtsgericht bestätigt seine Lesart: "Nach Auskunft des zuständigen Richters scheiterte der Anspruch daran, dass die Modernisierungsankündigung an den zum Zeitpunkt des Schreibens bereits verstorbenen Ehemann der Mieterin gerichtet war", teilt Sprecherin Monika Andreß schriftlich mit. Sie bestätigt auch ausdrücklich, dass es sich um einen "Einzelfall" handelt, der darüber hinaus "keine Wirkung entfaltet". Hat der Mieterverein den Bogen also überspannt?

Die Interessenvertretung bleibt bei ihrer Darstellung, dass es am Ende nicht allein an einem simplen Formfehler liegen konnte, dass Beck vor Gericht einlenkte. "Sollte wirklich nur der falsche Adressat der Grund für Becks Rückzug gewesen sein, warum hat er dann kein neues Schreiben geschickt mit korrekter Adresse? Dies ist nicht geschehen", argumentiert Rastätter. Zudem habe der Unternehmer bereits in mehreren anderen Fällen erfolglos versucht, inhaltsgleiche Modernisierungsankündigungen vor einem Gericht durchzusetzen.

Ob Einzel- oder Sonderfall, eines zeigt der Fall ganz sicher: Für Mieter kann es sich auszahlen, Forderungen vom Vermieter nicht widerstandslos zu unterschreiben. Der Mieterverein, verspricht Rastätter, "wird weiterhin alle rechtlichen Mittel ausschöpfen".

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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