Jubiläum:Für Gerechtigkeit und Solidarität

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Der SPD-Ortsverein Feldmoching feiert an diesem Donnerstag sein 100-jähriges Bestehen

Von Simon Schramm, Feldmoching

"Ich arbeite als Gärtnermeisterin und unterrichte im Fach Landwirtschaftsbetriebe", sagt Manuela Massaquoi, die seit vergangenem Jahr an der Spitze der SPD-Feldmoching steht, "damit schließt sich der Kreis." Denn vor hundert Jahren beschlossen zwölf Männer im Münchner Norden, eine eigene Sektion der sozialdemokratischen Partei zu gründen. Sie alle stammten aus den neuen Kolonien nördlich des Nordbahnrings und arbeiteten als Schreiner, Maurer - oder eben als Gärtner. An diesem Donnerstag feiert der Ortsverein der Partei sein hundertjähriges Bestehen. "Dass die Partei seit so einer langen Spanne lebendig ist, das hat mich sehr beeindruckt", sagt die Ortsvorsitzende Manuela Massaqoui.

Alte Zeiten: Die Auer Garde von 1924. (Foto: privat)

Die Ur-Zelle der Feldmochinger Sozialdemokraten waren jene Männer, die sich wahrscheinlich im 1913 gegründeten Krankenunterstützungsverein "Solidarität" kennenlernten. Jedenfalls vermutet das der Stadtteilhistoriker Klaus Mai, der keine absoluten Beweise dafür gefunden, aber elf der zwölf Gründungsmitglieder der SPD Feldmoching just auch in der Liste der Vereinsmitglieder entdeckt hat. Eine wichtige Figur war etwa der Fabrikarbeiter Leonhard Bugl, der die Partei auch nach dem Zweiten Weltkrieg im Bezirksausschuss vertrat. Die Motive der Männer waren ähnlich wie in anderen Stadtteilen: "Ungerechtigkeit, die Monarchie, der Wille zur Emanzipation sowie die Forderung nach allgemeinen und freien Wahlen."

Der U-Bahn-Spatenstich durch OB Georg Kronawitter (links) 1993 gehört zur Geschichte. (Foto: privat)

Klaus Mai steht am Bahnhof Feldmoching und fotografiert die ehemalige Gaststätte; in diesem Sommer wurde bekannt, dass das für die Feldmochinger SPD bedeutende Gebäude abgerissen werden soll: "Hier wurde die Partei gegründet." Mai glaubt, dass auch die Position gegen den Krieg und die Spaltung der gesamtdeutschen SPD in dieser Frage die Männer motivierte, im Januar 1915 eine neue Sektion zu gründen.

Feldmoching, das Dorf, das älter ist als München, war Anfang des 20. Jahrhunderts eine konservativ geprägte Gemeinde, in der viele Bauern lebten; der ländliche Charakter besteht noch heute. Das Potenzial für eine Arbeiterpartei lag in den neuen Wohnsiedlungen Fasanerie, Lerchenau und Harthof. In den Dreißigerjahren herrschte dort vom prozentualen Anteil her die größte Arbeitslosigkeit im ganzen Deutschen Reich, so Mai. Vielleicht mag man behaupten, dass es angesichts des industriellen Wachstums und seiner Auswirkungen im Münchner Norden unvermeidlich war, dass auch Feldmoching einmal eine sozialdemokratische Partei erhält.

Während der Zuzug in das Altdorf Feldmoching damals noch ausblieb, wuchsen mit der Industrie auch die neuen Wohnsiedlungen, in denen das Klientel der neuen politischen Kraft lebte. Die Linke etablierte sich so zu einer größeren zweiten Kraft im Bezirk: Bis zu vier von zehn Sitzen erlangen Sozialdemokraten und Kommunisten im Gemeinderat in den Zwanzigerjahren. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg sorgt das Bevölkerungswachstum am Nordring für Zuspruch für die Partei. Höhepunkt dieser Entwicklung war laut Reinhard Bauer, der der SPD seit 1972 angehört, die Jahre 1981 bis 1982: Damals sorgt das Kandidaten-Duell zwischen Georg Kronawitter und Max Weber für große Diskussionen und viele Eintritte.

Die Partei stellte zumeist den Bezirksausschussvorsitzenden und begleitete die Entwicklung des Stadtbezirks. Im Hasenbergl gründete sich 1961 ein eigener Ortsverein. Viele Erfolge im Viertel reklamiert Reinhard Bauer darum für die Sozialdemokraten und kennt die prägenden Persönlichkeiten, die diese Fortschritte vorangetrieben haben. Er nennt zum Beispiel den Hasenbergler Rudolph Kühnel, der als Stadtrat und Bezirksausschussvorsitzender den U-Bahn-Bau vorangetrieben habe; Gerson Peck, der sich als Stadtrat für die Legalisierung der ungenehmigten Siedlungen wie im Schwarzhölzl engagiert habe, oder für den Bau der Willy-Brandt-Gesamtschule im Jahr 1970. Und Heide Rieke: "Sie hat sich vehement für das Kulturzentrum 2411 eingesetzt." Auch für prominente Sozialdemokraten wie Hans-Jochen Vogel oder Franz Maget war der 24. Stadtbezirk Basis oder Wohnort. Reinhard Bauer lobt außerdem den Einsatz der Partei für den Ausbau der Schulen im Bezirk.

Die derzeitige Ortsvereinsvorsitzende Manuela Massaquoi ist der Meinung, dass sich das Viertel gut entwickelt hat. Die Partei stehe auch heute noch für Gerechtigkeit und Solidarität und habe ein Ohr für alle Probleme. "Und wir wollen auch die Lösungen suchen." Für die Zukunft nimmt Manuela Massaquoi einen Gedanken von Reinhard Bauer auf. Sie möchte bewirken, dass die Jugend gefördert wird: "Wir brauchen mehr weiterführende Schulen."

© SZ vom 22.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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