Integration:Fliehen in die Bücherwelt

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In der Stadtbücherei-Filiale im Westend treffen sich Viviana (li.) und Vanessa, um für ihre Abschlussprüfung in Deutsch zu lernen. (Foto: Robert Haas)

Die Stadtbücherei will mit Spezialangeboten Flüchtlingen Starthilfe geben. Dazu tragen sogar Filme wie "Ice Age" bei

Von Victoria Michalczak

"Willkommen in Deutschland" steht auf dem orangefarbenen Flyer der Münchner Stadtbibliothek. Auf den vielen weiteren Faltblättern liest man "Bibliothek für Flüchtlinge", "Deutsch lernen am Computer" oder "Sprachcafé Deutsch". Schon bevor so viele Flüchtlinge neu nach München kamen, engagierten sich die Mitarbeiter der Stadtbibliotheken für Integration, seit 2008 gibt es dort eigenes Personal für interkulturelle Arbeit. Der Bibliotheksausweis ist für Flüchtlinge kostenlos und das bereits seit 1994. Hätten sie nicht schon so früh damit angefangen, hätten sie das aktuelle breite Angebot für Flüchtlinge nicht so schnell aufstellen können, erklären die Mitarbeiter. Tatsächlich gibt es zahlreiche Möglichkeiten für die Neuankömmlinge, sich über die Stadtbibliotheken zu integrieren.

Zweimal wöchentlich findet das Sprachcafé statt, ein Gesprächskreis für Deutschlernende, an dem nicht nur Flüchtlinge teilnehmen, sondern auch Au-Pairs und Austauschstudenten. Fast 8000 Entleihungen von Medien zum Deutschlernen verzeichnete allein die Bücherei am Gasteig im vergangenen Jahr. Von August an kann man sich die deutsche Sprache auch selbst an eigens dafür bereitstehenden Notebooks beibringen. Zu festgelegten Zeiten kann ein Tutor dabei helfen. Außerdem hat die hauseigene Kommission für Interkulturelles sogenannte "Medienpakete" zum Thema Integration geschnürt, mit Materialien in Herkunftssprachen zum Deutschlernen. Diese sind bei ehrenamtlichen Organisationen sehr begehrt.

"An den aktuellen Ereignissen wie in Würzburg wird deutlich, wie kompliziert Integration ist", sagt der Direktor der Münchner Stadtbibliothek Arne Ackermann. Er nimmt Bezug auf den 17-Jährigen, der in einem Zug Amok gelaufen war. Die Bibliothek verstehe sich als eine auf Integration ausgerichtete Einrichtung, erklärt Ackermann, als er den Medien das Programm seiner Einrichtung vorstellt. Sie sei ein Ort der Begegnung und der Teilnahme am öffentlichen Leben, "und zwar nicht in einer Nische, sondern mitten in der Gesellschaft." Eine Bücherei sei ein "niederschwelliges" Angebot, das alle Bürger und alle Schichten in München gleichermaßen ansprechen und zusammenbringen will.

Das Filmprogramm "Willkommen im Kino" richtet sich besonders an junge Flüchtlinge. Dort werden jede Woche vergnügliche westliche Filme in deutscher Sprache gezeigt, wie zum Beispiel "Ice Age". Es wird darauf geachtet, dass die Filme keine Gewalt enthalten, damit auch traumatisierte Menschen sie genießen können. Darüber hinaus gibt es Film-Workshops für Kinder und Jugendliche und tausende Zeitungen, Zeitschriften, Romane und Bilderbücher, die in Fremdsprachen oder zweisprachig gehalten sind.

Informationen zur Bibliotheksnutzung sind in 24 Sprachen erhältlich. Rundgänge durch die Büchereien werden mehrsprachig abgehalten. Mittlerweile werden diese Führungen Flüchtlingen früh angeboten, noch bevor sie sich auf Deutsch verständigen können. Das soll dann durch die Angebote der Bibliothek unterstützt werden. Weitere Informationen gibt es unter www.muenchner-stadtbibliothek.de im Internet.

© SZ vom 27.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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