Insolvenz:"Das Haus kommt nach Hause"

Lesezeit: 2 min

Das Augustinum will das Wohnstift im Hasenbergl zurückkaufen. (Foto: Florian Peljak)

Eine Pleite als Chance: Augustinum will Stift im Hasenbergl kaufen

Insolvenz. Das Wort klingt nach Gefahr, das Wort löst Ängste aus. Vor allem dann, wenn der Eigentümer einer Immobilie pleitegeht, in der Hunderte alte Menschen leben. So ist es derzeit beim Stift im Hasenbergl, einem der beiden Münchner Senioren-Häuser des Augustinums. Die Gesellschaft, der das Stift gehört, hat kein Geld mehr. Ein Problem? Nicht für das Augustinum. Der Sozialkonzern ist sogar froh darüber, will er doch auf diese Weise selbst Eigentümer des Hauses an der Weitlstraße werden; spätestens im Herbst. Das soll die alten Leute beruhigen, die dort leben.

Pleite gegangen ist die Firma NK 2 WSA München-Nord GmbH & Co. KG, eine Gesellschaft der Firmengruppe Nordic Kontor (NK) aus Schleswig-Holstein. Ein Insolvenzverwalter kümmert sich jetzt um die NK 2. Die hat das Haus im Hasenbergl 2013 erworben, im Zuge eines großen Immobiliengeschäfts, das dem Sozialkonzern heute großen Ärger bereitet. 14 Häuser, verteilt über die ganze Republik, wurden von Nordic Kontor gekauft und für 30 Jahre ans Augustinum vermietet. Das Geld für die Stift-Käufe samt Nebenkosten, insgesamt 728 Millionen Euro, erhielt NK vom Augustinum: als Darlehen. Alles schien gut, bis der Sozialkonzern einen anonymen Hinweis auf angeblich illegale Tricksereien erhielt. Das Augustinum stellte Strafanzeige, die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt.

Die Sorge unter den 7400 Senioren in den Stiften ist groß, auch wenn die Spitze des Konzerns beruhigt: "Bitte ängstigen Sie sich nicht", schrieb Pfarrer Markus Rückert, der Unternehmenschef, kürzlich den Bewohnern. Niemand müsse um sein Zuhause fürchten, auch nicht im Stift im Hasenbergl, wo etwa 370 Menschen leben. Das Haus hat schon vor diesem "Big Deal", wie er im Augustinum genannt wurde, nicht dem Sozialkonzern gehört. Sondern einer kirchlichen Immobilienfirma. Auf Vermittlung des Augustinums war das Gebäude an die NK 2 verkauft worden.

Das Augustinum will den "Big Deal" rückgängig machen; will (wieder) Eigentümer aller 14 Stifte werden, die von NK übernommen worden waren. Elf Häuser hat die Münchner Staatsanwaltschaft bereits beschlagnahmt, um dem Augustinum den Zugriff zu sichern. In München-Nord soll statt der Staatsanwaltschaft der Insolvenzverwalter helfen. Das Augustinum hat Darlehen für die NK 2 in Höhe von 72 Millionen Euro gekündigt und die Mietzahlungen an diese Firma eingestellt. Die Folge: NK 2 konnte die Darlehenszinsen für den vom Augustinum gewährten Kredit nicht mehr bezahlen. Der Sozialkonzern als größter Gläubiger stellte Insolvenzantrag gegen die in Berlin ansässige NK 2.

Die Justiz setzte Philipp Hackländer aus der Kanzlei White & Case in Berlin als Insolvenzverwalter ein, und der hielt vergangenen Montag eine Gläubigerversammlung ab. Der Betrieb des Stifts sei durch die Insolvenz nicht gestört, versichert Hackländer. Auch das Augustinum sieht keine Probleme, sondern nur Vorteile. Die 72-Millionen-Euro-Darlehen an NK 2 für das Stift im Hasenbergl seien durch dort eingetragene Grundschulden abgesichert. Nun will der Sozialkonzern auf diese Sicherheiten, also Grundstück plus Immobilie, zugreifen. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens will man die Darlehen gegen das Stift tauschen. "Das Haus kommt nach Hause", so Augustinum-Sprecher Matthias Steiner. So soll das auch bei den Stiften in Heidelberg und Bad Soden geschehen.

Ob die Rechnung aufgeht? Aus Kreisen von Beteiligten an dem Insolvenzverfahren ist zu hören, es könnten sich auch andere Interessenten für die Immobilie melden und mehr bieten als das Augustinum. Eigentlich müsse der Insolvenzverwalter dann meistbietend verkaufen. So oder so, für die Senioren dürfte sich so schnell nichts ändern. Sie sind, über zwei dazwischen geschaltete Firmen des Augustinums, Unter-Untermieter, ihr direkter Vertragspartner ist der diakonische Konzern. Aber beruhigender wäre es, wenn klar wäre, wem das Haus gehört.

© SZ vom 29.06.2015 / beka, ok - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: