Insolvenz:Aus eines Traditionshauses

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Nach 85 Jahren muss Fiat Keidler seine Filialen schließen

Von Marco Völklein

Als Karl Keidler im Jahr 1931 seine erste Fiat-Vertragswerkstatt in der Oettingenstraße eröffnet und nur ein Jahr später den Vertrieb für den Konzern in der Landeshauptstadt übernimmt, da war er einer der ersten Händler, der die italienische Marke nach Deutschland brachte. 1936 dann präsentiert er die Marke auf der noblen Maximilianstraße, in einem eigenen Automobil-Salon. Der Verkaufsschlager damals, der Kleinwagen Topolino, flitzt mit 13 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 85 Stundenkilometern durch die Gegend. Nun allerdings, fast 85 Jahre nach Firmengründung, ist Schluss mit Fiat Keidler. Anfang März hat das Unternehmen einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht eingereicht. Noch bis Ende Mai läuft der Ausverkauf in der Hauptniederlassung in der Schwanseestraße sowie in der Filiale in Landsberg am Lech. Die Filiale in der Fürstenrieder Straße ist schon seit einiger Zeit dicht.

Das Aus für das traditionsreiche Unternehmen hatte sich bereits vor etwas mehr als einem Jahr abgezeichnet. Damals, berichtet der vorläufige Insolvenzverwalter Marc-André Kuhne, hatte der Fiat-Konzern sämtlichen Vertragshändlern in Deutschland gekündigt und ihnen neue Verträge mit neuen Konditionen angeboten. Diese allerdings seien für ein Unternehmen wie Keidler in München schlicht nicht akzeptabel gewesen, ergänzt Keidler-Geschäftsführer Karl Zischka. Angesichts der hohen Münchner Mieten und den relativ hohen Löhnen im hiesigen Ballungsraum hätte "keine Chance bestanden, mit den niedrigen Margen noch Geld zu verdienen", sagt Zischka. Die "spezielle Kostensituation, die in Ballungsräumen herrscht" habe sich in den neuen Verträgen "überhaupt nicht wiedergefunden", sagt auch der vorläufige Insolvenzverwalter Kuhne.

Hinzu kommt, dass Keidler seit jeher ausschließlich Marken aus dem Fiat-Konzern im Angebot hatte. Die Italiener allerdings setzen schon seit Längerem vor allem auf Kleinwagen wie den beliebten Fiat 500. Will ein Kunde, beispielsweise nach der Familiengründung, vom kleinen Fiat umsteigen auf ein größeres Modell, muss er in der Regel die Marke wechseln - und damit auch den Händler. Fiat habe es versäumt, "die Marke nach oben abzurunden", sagt Zischka. Zudem könne man mit größeren Autos auch im Werkstattbereich deutlich mehr Gewinn machen als mit Kleinwagen. Das alles führt nun zum Aus für das Familienunternehmen.

Mit Briefen verabschiedet sich das Traditionshaus derzeit Stück für Stück von seiner Kundschaft. Dem vorläufigen Insolvenzverwalter Kuhne bleibt nicht mehr viel übrig, als den Fahrzeugbestand des Unternehmens zu verkaufen. Mit Nachlässen von bis zu 40 Prozent bei Transportern wirbt das Unternehmen derzeit auf seiner Internetseite, bei Pkw seien bis zu 20 Prozent drin, sagt Noch-Geschäftsführer Zischka. 170 Fahrzeuge hatte Insolvenzmanager Kuhne Anfang März nach eigener Aussage im Bestand des Unternehmens vorgefunden, etwa 70 davon seien bislang veräußert worden, sagt Zischka, der mit der Enkelin des Firmengründers Karl Keidler verheiratet ist. Für seine Schwiegermutter, die Tochter von Karl Keidler, sei das Aus des Unternehmens nach mehr als acht Jahrzehnten "schon sehr hart". Betroffen sind außerdem nach Angaben des vorläufigen Insolvenzverwalters Kuhne etwa 50 Mitarbeiter, "für die wir versuchen, eine Lösung zu finden". Derzeit liefen Gespräche mit mehreren Investoren, die an einer möglichen Übernahme des Betriebs interessiert seien. "In den nächsten zehn Tagen", sagt Kuhne, werde sich zeigen, ob mindestens einer dieser Investoren bei dem Unternehmen einsteigt und es weiterführt. Oder ob es das dann war mit der langen Historie des Fiat-Autohauses Keidler in München.

© SZ vom 12.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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