Immobilienmarkt in München:Wenn Touristen statt Mietern einziehen

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Zum Oktoberfest oder zu Messen bieten viele Münchner ihre Immobilien als Ferienwohnungen an. Legal ist das nicht. Doch die Stadt tut sich schwer, diesen schwarzen Immobilienmarkt zu bekämpfen - und viele Vermieter wissen gar nicht, dass sie ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro riskieren.

Bernd Kastner

Die Anzahl der Ferienwohnungen in München steigt stark an. Ein großer Teil von ihnen dürfte nicht legal vermietet sein. Die Nutzung einer normalen Wohnung für Touristen stellt eine Zweckentfremdung dar, und die muss genehmigt werden. Die Stadt erlaubt das in der Regel nicht, weil die Wohnungsnot viel zu groß ist. In welcher Dimension sich diese illegale Vermietung bewegt, weiß niemand genau, Statistiken existieren nicht. Man darf aber von einer dreistelligen Zahl ausgehen. Die Stadt tut sich schwer, diesen schwarzen Immobilienmarkt zu bekämpfen.

Nicht nur zur Wiesnzeit ist München ein beliebtes Reiseziel. Gerade Familien, Handwerker oder Messebesucher, denen Hotelzimmer zu teuer sind, finden im Internet ein kaum überschaubares Angebot an privaten Ferienwohnungen. Die Portale heißen fewo24, fewo-direkt, checkin-muenchen oder travel-muenchen und spucken meist Dutzende Treffer aus. Mehrere Vermieter, die aus Eigeninteresse den Markt seit Jahren beobachten, stellen eine deutliche Zunahme fest: "Es ist Jahr für Jahr mehr geworden", sagt eine Frau, die seit 2005 Urlaubsgäste beherbergt - ohne dass angesichts der wachsenden Konkurrenz die Nachfrage bei ihr abgenommen habe.

Auch Elke Englisch, im Wohnungsamt verantwortlich für Wohnraumerhalt, geht von einer Zunahme aus. Eine normale Wohnung an Urlauber zu vermieten, ist ebenso verboten wie eine Nutzung als Kanzlei oder Praxis. Man sollte meinen, dass es ein Einfaches ist für das Wohnungsamt, das zu bekämpfen, schließlich ist fast jeder Vermieter schnell identifizierbar: Im Internet finden sich Telefonnummern, E-Mail-Adressen oder Anschriften der Wohnungen.

Laut Englisch aber sei der juristisch wasserdichte Nachweis oft schwierig. Es gebe ja auch legale Urlaubsvermietungen - etwa wenn die Wohnung früher offiziell gewerblich genutzt wurde. Oder wenn sich jemand den Dachausbau baurechtlich für Gewerbezwecke genehmigen lasse. Und falls jemand während des Oktoberfestes seine Wohnung Wiesnbesuchern überlässt, drücke die Stadt ein Auge zu.

Doch im Netz findet man auch unzählige ganzjährige Angebote: Etwa die 6-Zimmer-Wohnung mit großem Garten beim Olympiapark; oder ein "nettes, älteres Häuschen in ruhiger Lage" im Norden der Stadt; oder die frisch sanierte Wohnung beim Kolumbusplatz. Ruft man bei den Vermietern an, räumt so mancher freimütig ein, keine Genehmigung zu haben. Auffällig oft lautet die Begründung: Man wolle keinen Dauermieter, weil man Ärger befürchte.

Finanziell lukrativ ist so eine "Fremdenbeherbergung", wie es im Amtsdeutsch heißt, auch. Eine Frau berichtet, dass sie ihre 90-Quadratmeter-Wohnung in der Innenstadt zwar beim Kreisverwaltungsreferat als Gewerbe angemeldet habe, aber nicht beim Wohnungsamt. Die Frau, 65 Jahre alt, sagt, sie verdiene etwa 700 Euro mit der Ferienwohnung und bessere so ihre schmale Rente auf.

Gar nicht begeistert von diesem Trend ist Adelheid Dietz-Will, Vorsitzende des Bezirksausschusses Haidhausen-Au, weil es in ihrem Bezirk viele Ferienwohnungen gebe. Nun will sie, dass künftig die verbotene Nutzung als Ferienwohnung wieder explizit im entsprechenden Gesetz genannt wird. Nicht erfreut ist auch der Hotel- und Gaststättenverband über die Konkurrenz durch einen grauen Markt: München-Chef Conrad Mayer fordert die Stadt auf, mehr gegen illegale Vermietung zu tun.

Auch Beatrix Zurek, Vorsitzende des Mietervereins und SPD-Stadträtin, sieht die Sache kritisch. Sie will, dass im Wohnungsamt verstärkt nach illegalen Ferienwohnungen recherchiert wird: "Da muss man ein Auge drauf haben." Falls nötig, müsse man der Abteilung mehr Personal geben, eine Art Aufklärungskampagne sei auch sinnvoll.

Vielen Vermietern dürfte nicht bewusst sein, dass sie ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro riskieren. Eine Frau etwa, die in ihrem Haus die Dachwohnung Touristen vorbehält, reagiert verärgert: Selbst wenn man ihr das verbiete, würde sie nie an einen Dauermieter vermieten. "Das ist mein Eigentum, ich kann sie ja auch leer stehen lassen." Aber da irrt sie: Steht eine Wohnung länger als drei Monate leer, ist dies auch eine Zweckentfremdung. Konsequenz - siehe oben.

© SZ vom 06.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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