Hugo Bachmaier vor Gericht:Freispruch für den Promiwirt

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In seinen Haaren fanden sich Spuren von Kokain, Amphetamin und Ecstasy - und die Richterin sagt: "Ich bin hundertprozentig überzeugt, dass Sie's waren." Dennoch kann sie den Münchner Wirt Hugo Bachmaier nicht wegen Drogenerwerbs verurteilen - weil der Zeuge schweigt.

Stephan Handel

Als der Zeuge aus dem Gerichtssaal geht, lässt er die Staatsanwältin mit den Trümmern ihrer Anklage zurück, und Hugo Bachmaier auf der Anklagebank bemüht sich deutlich, nicht zu grinsen: Der Gastronom Hugo Bachmaier, den sie einen "Promiwirt" nennen, weil er meistens nichts dagegen hat, sich mit mehr oder weniger bekannten Menschen fotografieren zu lassen, weiß nun, dass der Anklage nichts anderes übrigbleiben wird, als einen Freispruch für ihn zu beantragen.

"Regelmäßiger, nicht intensiver Konsum": Hugo Bachmaier als Angeklagter vor dem Münchner Amtsgericht, das er eine Stunde später als freier Mann verließ. (Foto: Stephan Rumpf)

Es war allerdings auch eine - gelinde gesagt - ehrgeizige Konstruktion, mit der die Anklagebehörde den Wirt als Kokainkäufer vor Gericht brachte: Ein Kleindealer war festgenommen worden im Januar 2011; er belastete zahlreiche seiner Kunden, zu denen angeblich auch Bachmaier gehörte. Aus der Telefonüberwachung schloss die Polizei, dass der Deal am 14. Dezember 2010 über die Bühne gegangen war - da hatten die beiden telefoniert, und dass der eine den anderen fragte, ob er zu Hause sei, das nahm die Polizei als codierte Kokainbestellung.

"Küsschen" soll ein Telefon-Code sein

Als weiteren Telefon-Code, so gab der ermittelnde Beamte in der Verhandlung an, habe "Küsschen" gegolten - ein Küsschen gleich ein Gramm Kokain. Mit der Ankündigung von Bussis hielt sich Bachmaier aber offensichtlich zumindest dem Dealer gegenüber zurück.

Der Kontakt also war da, das Datum zurechtgelegt - nun musste herausgefunden werden, wie viel denn gekauft wurde und zu welchem Preis. Weil der Dealer in den meisten anderen Fällen den Stoff in Portionen von etwas mehr als einem halben Gramm für rund 50 Euro verkauft hatte, nahmen die Ermittler das auch für den Fall Bachmaier an und schrieben einen Strafbefehl: Er habe am 14. Dezember 2010 mindestens 0,57 Gramm Kokain für mindestens 50 Euro gekauft und solle deshalb nun mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen belegt werden.

Ein mehr oder weniger alltägliches Telefonat, das die Phantasie der Polizisten zum Anbahnungsgespräch steigerte, keine weiteren Indizien, sondern nichts als Rückschlüsse und Vermutungen - das war dann selbst der zuständigen Amtsrichterin zu hanebüchen; sie weigerte sich, den Strafbefehl zu erlassen und setzte die Verhandlung an.

"Da haben wir's richtig krachen lassen"

Dazu erschien Bachmaier nebst seinem Anwalt Peter Guttmann in angemessenem Striezi-Outfit und mit einer Siegesgewissheit, die auch nicht erschüttert wurde, als die Richterin das Ergebnis einer Analyse von Bachmaiers Haaren verlas: Kokain, Amphetamin und Ecstasy konnten im Labor nachgewiesen werden, in einer Größenordnung, die typisch sei für "regelmäßigen, aber nicht intensiven" Konsum. Nach der Verhandlung erklärte Bachmaier das positive Ergebnis mit einem Junggesellenabschied in Las Vegas: "Da haben wir's richtig krachen lassen."

Dann kam der Zeuge, der nach seiner Verurteilung derzeit in Haar zur Therapie ist. Er ließ sogleich durch seinen Anwalt erklären, dass er nichts erklären werde: Denn entweder er bezichtige sich dadurch weiterer Drogenvergehen - oder er gebe zu, dass er bei seinem Geständnis Bachmaier zu Unrecht beschuldigt habe; auch das wäre eine Straftat. "Da kommen wir wohl nicht daran vorbei", sagte die Richterin resigniert, und der Staatsanwältin blieb in ihrem Plädoyer folgerichtig nichts anderes übrig, als Freispruch zu beantragen; dem schloss sich Peter Guttmann erfreut an.

Und so konnte auch die Richterin nicht anders, was sie durchaus zu bedauern schien: "Ich bin hundertprozentig überzeugt", sagte sie in der Urteilsbegründung zu Bachmaier, "dass Sie's waren. Aber wir können es Ihnen nicht nachweisen." Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.

© SZ vom 17.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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