Homo-Ehe:Wer ist denn hier die Braut?

Erstmals hat ein schwules Paar in München seine Lebenspartnerschaft besiegelt. Dabei gab es manch verbale Klippe zu umschiffen.

Susi Wimmer

Kurz kneten die Finger den feuchten Handballen, nesteln am unteren Ende des dunklen Sakkos. Und als der Standesbeamte fragt, ob er denn die Partnerschaft auf Lebenszeit begründen wolle und ihm über die Lippen ein entschiedenes "Ja" kommt, da haben auch die Finger den ersehnten Halt gefunden: Michael Titze und Heiko Czichoschewski strahlen sich an, die Hände jetzt ineinander verschränkt, sie küssen sich, und im Trausaal an der Ruppertstraße brandet Applaus auf.

Homo-Ehe: Überglücklich: Altenpfleger Michael Titze und Personal-Trainer Heiko Czichoschewski (rechts) beim Ringtausch im Münchner Standesamt.

Überglücklich: Altenpfleger Michael Titze und Personal-Trainer Heiko Czichoschewski (rechts) beim Ringtausch im Münchner Standesamt.

(Foto: Foto: Alessandra Schellnegger)

Da stehen zwei, die sich lieben, das ist sonnenklar. Dass sie an diesem Freitagnachmittag eine "Lebenspartnerschaft" begründet haben, ist allerdings ein absolutes Novum: Die beiden Männer sind das erste gleichgeschlechtliche Paar, das in München von einem Standesbeamten getraut wurde. Bislang war eine Heirat nur vor einem Notar möglich.

Verbale Klippen umschiffen

Wilfried Blume-Beyerle, Chef des Kreisverwaltungsreferats, fühlt sich eigentlich selbst als Pionier im Hochzeitswesen: Er sei der erste Mann in München gewesen, der bei der Eheschließung den Namen der Frau angenommen hätte, erzählt er. Trotzdem hat auch der KVR-Chef heute Mühe, die verbalen Klippen zu umschiffen.

Er spricht nicht von Hochzeit, sondern von "Verpartnerung", wie es so schön im Amtsdeutsch heißt. Und eine gewisse Befangenheit und Unsicherheit ist ihm anzumerken, als er etwa darüber sinniert, wem er nach der Zeremonie einen Blumenstrauß überreichen soll. "Wer ist denn da die Braut?", fragt er vorsichtig.

Damit auch bei der Wortwahl alles seine Ordnung hat, mussten 30 Auskunfts- und Formblätter von einem eigens einberufenen Arbeitskreis überarbeitet und geändert werden, auch ist im KVR das Schild "Heiratsbüro" verschwunden, es wurde durch "Heiratsbüro/Lebenspartnerschaften" ersetzt und das "Stammbuch der Familie" gibt es jetzt auch in Bordeauxrot und Nacht-blau als "Buch der Lebenspartnerschaft".

"Ja klar. Liebe." Die Mitarbeiter der Standesämter München und München-Pasing absolviertem einen speziellen Workshop zusammen mit der Lesbenberatungsstelle "LeTRa" und dem Schwulenzentrum "Sub" und entwickelten ein "Ablaufschema zur Begründung eingetragener Lebenspartnerschaften", diskutierten die Ausdrucksweisen, die Etikette und das weitere Prozedere.

Für Heiko Czichoschewski spielt das alles nur eine untergeordnete Rolle. "Ach, für mich ist es eine Hochzeit", sagt er lakonisch. Der schlaksige Dunkelhaarige ist aber schon "ein bisschen nervös", so zehn Minuten vor der Zeremonie. Seit neun Jahren sind sie ein Paar, erzählt er, kennengelernt haben sie sich auf Ibiza. "Ein Urlaubsflirt anfangs?", fragt ein Journalist. Ja, sagt Czichoschewski. Michael Titze schaut erstaunt. "Ich dachte, es war Liebe auf den ersten Blick", meint er. Jetzt schauen sich die zwei wieder in die Augen, strahlen, noch ein kurzer Kuss. "Ja, klar. Liebe."

Anfang des Jahres beschlossen die beiden 41-Jährigen, dass sie "heiraten" wollen. Das wäre in München allerdings nur vor einem Notar möglich gewesen. "Die neue Regierungskoalition", so meint Blume-Beyerle, habe es nun ermöglicht, dass das "Gesetz zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes" entsprechend geändert wurde.

Seit 1. August 2009 dürfen auch gleichgeschlechtliche Paare in Bayern vor den Standesbeamten treten. Allerdings werden sie beispielsweise im Steuerrecht nach wie vor als "ledig" eingestuft. "Aber so rasant wie die Entwicklungen fortschreiten, wird sich auch das wohl bald ändern", ist der KVR-Chef überzeugt. "Eine komplette Gleichstellung wäre natürlich schön", räumt auch das Hochzeits-Paar ein. Momentan aber wisse man die finanzielle Absicherung - auch für später im Alter - zu schätzen.

"Purer Zufall, dass wir das erste Paar waren"

Seit dem Jahr 2001 haben in München 33 Lesben und Schwule vor einem Notar geheiratet, seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes haben sich in der Landeshauptstadt zehn männliche und vier weibliche Paare zur "Begründung einer Lebenspartnerschaft" beim Standesamt angemeldet. Rein von der Akzeptanz her "fängt es schon gut an", meint Blume-Beyerle.

Auch für Heiko Czichoschewski und Michael Titze hat es gut angefangen. "Es war purer Zufall, dass wir das erste Paar waren, und es fühlt sich einfach noch toller an", schwärmt Czichoschewski begeistert. "Sie können jetzt in den Trausaal kommen", unterbricht ein Angestellter seinen Redefluss. Jetzt wird es ernst.

Die Tür zum Saal geht auf, das Paar - beide in dunklen Anzügen und weißem Blumenschmuck am Revers - tritt ein, und vom Band ertönt sanfte Musik: "Ich werde dich lieben bis ans Ende der Welt." Und als dann Standesbeamter Peter Trunk die entscheidende Frage stellt, stehen sie da, lächeln sich verliebt an. Selbst die geschäftige Journaille im Hintergrund des Saales verstummt. "Ja", sagt Michael Titze mit fester Stimme und lässt die Hand seines Partners nicht mehr los.

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