Hochwasser an der Isar:Lebensgefährlicher Leichtsinn

Lesezeit: 2 min

Es ist derzeit extrem riskant, auf der Isar Boot zu fahren. Die Wasserwacht musste am Wochenende elf Menschen aus dem Fluss retten. Sie will das Bootfahren dort nun verbieten. Das ist aber gar nicht so leicht.

Von Thomas Anlauf, München

Nach den dramatischen Rettungsaktionen in der Isar am Wochenende fordert die Münchner Wasserwacht ein Bootsfahrverbot im Fluss bei Hochwasser. Auch Rolf Renner vom Bayerischen Kanu-Verband, der zugleich Sprecher der Vereinigung Isar-Allianz ist, fordert Konsequenzen aus den Bootsunfällen.

Trotz des Hochwassers waren am Wochenende zahlreiche Menschen mit Schlauchbooten auf der Isar unterwegs. Feuerwehr, Wasserwacht und Polizei mussten allein an der Marienklausenbrücke im Münchner Süden elf Menschen aus dem reißenden Fluss retten.

Ein Verbot im Münchner Süden ist nicht leicht umzusetzen

Das Hochwasser in München kam nicht überraschend. Schon seit mehreren Tagen führt die Isar nach ergiebigen Regenfällen in den Alpen deutlich mehr Wasser als im Hochsommer üblich. Trotzdem wagten sich am Wochenende viele in die Strömung, ein lebensgefährlicher Spaß. Bereits am Samstagmorgen hatten sich deshalb Vertreter von Polizei, Berufsfeuerwehr und Kreiswasserwacht zu einer Lagebesprechung getroffen. Dabei machte die Polizei deutlich, dass es juristisch nicht so einfach möglich sei, das Bootfahren auf der Isar im Münchner Süden während des Hochwassers zu verbieten, da es von den Behörden eben grundsätzlich erlaubt ist.

Das stößt bei der Wasserwacht trotzdem auf Unverständnis. "Wir verstehen nicht, dass es keine Möglichkeit gibt, das Bootfahren dort zu unterbinden", sagte Rudolf Brettner, technischer Leiter der Kreiswasserwacht, am Montag der SZ. Auf eigene Faust stellte die Wasserwacht gemeinsam mit der Branddirektion ein Warnschild auf, dass das Befahren der Isar derzeit lebensgefährlich sei - "damit uns kein Organisationsversagen vorgeworfen werden kann", so Brettner.

Isar
:Wasserwacht rettet elf Bootsfahrer

Aufgrund der starken Regenfälle hat die Isar derzeit eine enorme Strömung. Die Wasserwacht musste am Wochenende elf in Not geratene Bootsfahrer retten. Die Isar wurde anschließend ab der Großhesseloher Brücke für den Bootsverkehr gesperrt.

Rolf Renner vom Bayerischen Kanu-Verband weiß, dass es rechtlich schwierig ist, ein Bootsfahrverbot umzusetzen. Er dringt nun darauf, dass oberhalb des Großhesseloher Wehrs Schilder angebracht werden, die insbesondere Schlauchbootfahrer dazu auffordern, die Isar zu verlassen und durch die Floßlände weiter in die Stadt zu fahren. Denn "es verbietet sich von vornherein, bei diesen Verhältnissen auf der Isar zu fahren", so Renner. Die Marienklause sei derzeit "praktisch unbefahrbar". Man dürfte "diese Leute, die ihre Schlauchboote gar nicht steuern können, überhaupt nicht in die Isar lassen", sagt Renner.

Man könne diesen Leichtsinn nur "als Dummheit" bezeichnen. Renner fragt sich daher, wer überhaupt die Rettungsmaßnahmen bezahlt. Am Wochenende waren allein 25 Helfer der Wasserwacht, dazu viele Kräfte der Berufsfeuerwehr und sogar ein Rettungshubschrauber im Einsatz, um die Verunglückten aus der Wasserwalze zu befreien. Alle elf Bootsfahrer, die gerettet wurden, mussten in Krankenhäusern behandelt werden. Sie waren unterkühlt, einige standen unter Schock, einer der Geretteten hatte bereits Wasser in der Lunge.

Im Fluss treibende Bäume bedeuteten Lebensgefahr

Am Montagnachmittag erreichte eine neue Flutwelle die Landeshauptstadt. Sie erreichte mit etwa 240 Zentimetern knapp die Meldestufe 1 von vier Warnstufen. Zugleich wurde am Sylvensteinspeicher die Abflussmenge deutlich gesenkt. Tobias Lang, Betriebsbeauftragter für den Speicher, sagte, dass der Zustand der Isar von Mittwoch an wieder "wie üblich" im Sommer sei. Das Wasserwirtschaftsamt habe in den vergangenen Tagen die hohen Niederschläge in den Bergen, die sich im Sylvensteinspeicher gesammelt hatten, in die Isar weiterleiten müssen. Auch wenn der Pegel nun wieder sinkt, warnt Lang davor, in nächster Zeit den Fluss insbesondere zwischen Bad Tölz und Ickinger Wehr zu befahren. Auch im Anschluss bis nach München sowie an Loisach und Ammer sei "erhöhte Vorsicht geboten". Abgerutschte oder im Fluss treibende Bäume bedeuteten für Bootsfahrer Lebensgefahr.

Das für die Isar zuständige Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) appellierte am Montag an den gesunden Menschenverstand der Leute. "Nervenkitzel ist hier sicherlich fehl am Platz", sagte Referatssprecherin Katrin Zettler. Die Behörde könne in Einzelfällen sogar ein Bade- und Bootsfahrverbot zwischen Großhesseloher und Thalkirchner Brücke erlassen, "aber Verbote helfen nicht immer", so Zettler. Derzeit wird ein Rechtsgutachten zur Bade- und Bootsverordnung an der Isar erstellt, sie soll novelliert werden. Künftig soll es auch ein Kapitel zum Hochwasser geben.

© SZ vom 05.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: