Gescheiterte Klage:Einbruch von Amts wegen

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Ein Gerichtsvollzieher lässt die Wohnung einer Münchnerin öffnen, obwohl er gar nicht die Wohnungsbesitzerin, sondern eine andere Person gesucht hatte. Die Frau klagte daraufhin - erfolglos, denn so unbekannt war ihr die gesuchte Person gar nicht.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Es ist sicher ein Schock, wenn man beim Heimkommen feststellen muss, dass die Wohnungstür gewaltsam geöffnet worden ist. Es trägt gewiss auch nicht zur Beruhigung bei, nachträglich zu erfahren, dass ein Gerichtsvollzieher der vermeintliche Einbrecher gewesen ist. Zumal der nicht die Wohnungsbesitzerin, sondern eine andere Person gesucht hatte. Dennoch hat eine Münchnerin mit ihrer Amtshaftungsklage gegen den Freistaat als Dienstherrn des Vollstreckungsbeamten keine Aussicht auf Erfolg. Denn so unbekannt, wie sie glauben machend wollte, war ihr der Gesuchte nicht - sie hat ihn inzwischen geheiratet.

Ein Münchner Kaufmann war im Rahmen eines Prozesses rechtskräftig verpflichtet worden, einem Kollegen 4500 Euro zu bezahlen. Trotzdem sträubte sich der Münchner, legte Widerspruch ein und behauptete sinngemäß, nur mit Lug und Trug sei diese Entscheidung zustande gekommen. Als Mahnungen nicht fruchteten, wurde gegen den säumigen Zahler Haftbefehl erlassen. Auch dagegen legte er Widerspruch ein, tauchte dann aber erst mal unter.

An der Wohnungstür stand nur der Name der Frau

Der Gerichtsvollzieher, der die 4500 Euro eintreiben sollte, klingelte schließlich an der Adresse in Moosach, die der Schuldner stets angegeben hatte. Allerdings stand unten an der Haustür vor allem der Name einer Frau - der des Gesuchten klebte lediglich darunter. Ebenso war es auch am Briefkasten. An der Wohnungstür selbst stand nur der Name der Frau.

Obwohl diese bei einem früheren Besuch schon einmal erklärt hatte, dass sie einem Bekannten lediglich ihre Anschrift als "Briefkastenadresse" zur Verfügung gestellt habe und der Betreffende nicht bei ihr wohne, ließ der Gerichtsvollzieher einen Schlosser kommen. Der machte den Weg in die Wohnung frei. Dort entdeckte der Gerichtsvollzieher offen herumliegend einen Haufen Papiere und Gegenstände, die zweifelsfrei dem Gesuchten gehörten.

"Die Klage ist vollkommen aussichtslos"

Die Frau ließ nachträglich ihre Wohnungstür mit einem neuen Schloss und einem Panzerriegel sichern, um solchermaßen ungebeten Besuch künftig zu verhindern. Das kostete 785 Euro, die sie nun vom Staat fordert, und dazu 1000 Euro Schmerzensgeld.

"Die Klage ist vollkommen aussichtslos", sagte am Mittwoch der Vorsitzende der Amtshaftungskammer am Landgericht München I. Denn es habe sich herausgestellt, dass der gesuchte Mann sich sogar formell unter dieser Adresse beim städtischen Einwohneramt angemeldet hatte. Außerdem klebe man wohl kaum den Namen eines Bekannten auf das Klingelschild, wenn man diesem nur eine Postadresse geben wolle, meinte der Richter. Und die Heirat zwei Monate nach dem Vorfall räumte bei der Kammer alle Zweifel aus, dass der Gerichtsvollzieher die richtige Tür geöffnet habe.

© SZ vom 16.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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